nd-aktuell.de / 10.01.2019 / Sport / Seite 20

Pures Gold

Heute beginnt in Berlin die Handball-WM, die Deutschen träumen vom vierten Titelgewinn

Jirka Grahl

Wenn es nach Bundestrainer Christian Prokop und seinen 16 Spielern geht, hätte es längst schon losgehen können mit dieser 26. Handballweltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark. Bis auf ein paar Restkarten sind alle 15 000 Tickets für den WM-Start der deutschen Handballer gegen das vereinte Team Korea am Donnerstag in der Berliner Arena am Ostbahnhof verkauft, sogar die öffentliche Trainingseinheit am Dienstag fand vor 2000 Fans statt.

Dieser Januar könnte gut werden, eine Welle der Begeisterung wie beim überraschenden EM-Sieg 2016 ist auch bei der Heim-WM möglich: »Ich spüre, dass ich die Mannschaft nur noch loszulassen brauche«, so umschrieb Prokop die Stimmung vor dem ersten von insgesamt 96 Spielen, die in Berlin, München, Köln, Hamburg sowie auf dänischer Seite in Herning auf Jütland und in der Hauptstadt Kopenhagen ausgetragen werden. Für die Deutschen sind die Turnierspiele Nr. 91 und 92 das Minimalziel - die beiden Halbfinalmatches in Hamburg: »Wenn wir es bis dahin schaffen, ist alles möglich«, sagte Bundestrainer Prokop gestern beim ersten Pressetermin der deutschen Handballmannschaft.

Sollte es allerdings nicht für eine Halbfinalteilnahme reichen, könnte es eng werden für den 40-Jährigen, der im Sommer 2017 vom SC DHfK Leipzig zum Deutschen Handballbund gewechselt war: Der klägliche neunte Platz des Titelverteidigers bei der EM 2018 war vor allem Prokop angekreidet worden.

Zum Eröffnungsspiel hat sich nun allerlei Politprominenz angemeldet: Neben Bundspräsident Frank-Walter Steinmeier will auch der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, dem WM-Auftakt beiwohnen. Seit den gemeinsamen Auftritten der Sportler aus beiden Koreas bei den Winterspielen von Pyeongchang hat sich der Deutsche des Themas Korea angenommen. Dass am Donnerstagabend eine gemeinsame Mannschaft aus Nord- und Südkoreanern zum Volkslied »Arirang« in die Arena einmarschiert (rote Schnürsenkel sollen die Nord-Handballer kenntlich machen), verbucht der ehemalige Fechter zumindest zum Teil auch als Folge seiner Bemühungen.

Natürlich ist auch der umstrittene Ägypter Hassan Moustafa, 74, in der Arena, Weltpräsident der Handballer seit 2000 und trotz immer wiederkehrender Korruptionsvorwürfe unverändert im Amt. Der einstige Absolvent der Leipziger DHfK war 2019 der Initiator des Gesamtkorea-Teams: »Dass eine gesamtkoreanische Mannschaft antritt, macht aus der WM-Eröffnung einen sporthistorischen Tag«, sagte Moustafa bereits Wochen vor der WM gegenüber Reportern. Zudem sei Handball auf dem Siegeszug: Mit mehr als 100 Ländern seien Fernsehverträge für das Turnier abgeschlossen worden, in den USA werde laut Moustafa das WM-Finale erstmals live auf einem großen Sender übertragen - im Hauptkanal von NBC. Beim Olympiagastgeber von 2028 will man Interesse an der Sportart wecken. Der umsatzstarke Markt lockt: Für die WM 2025 und 2027 haben die USA bereist jeweils eine Wild Card für die Endrunde sicher. Nach dem Siegeszug des Fußballs in den Vereinigten Staaten hoffen auch die Handballer auf ein Stück vom Kuchen.

Und auch wenn das Milliardenspektakel Fußball noch in fernen Sphären liegt, haben die Handballer zumindest in Sachen Trophäe schondie Nase vorn. Der 70 Zentimeter hohe Siegerpokal, den der neue Weltmeister am 27. Januar in Herning in die Luft recken wird, ist aus purem Gold und mit Saphiren gefertigt und etwa 800 000 Euro wert - fast sechsmal so viel wie die »FIFA Trophy«.

Allerdings darf den Handballern die protzige Trophäe auch ein wenig peinlich sein: Sie ist eine Gabe des katarischen Emirs Tamim bin Hamad al Thani, gestiftet 2015, also zu jener Zeit, als sich das Golfemirat bei der Ausrichtung der WM gleich den ganzen Sport einzuverleiben drohte und es mit seinem Team von aus aller Welt eingebürgerten Spitzenspielern zum Vizeweltmeister brachte. Andererseits schaffte es seit 2005 noch jeder WM-Gastgeber bis ins Halbfinale. Die Deutschen wollen da keine Ausnahme sein.