Werbung

Misstrauensvotum gegen May

Britisches Parlament lehnt Brexit-Abkommen ab / Linksfraktion fordert Regierungserklärung von Merkel

  • Lesedauer: 3 Min.

London. Der britischen Premierministerin Theresa May steht nach der Ablehnung des Brexit-Abkommens im Unterhaus die nächste Schicksalsabstimmung bevor. Die britischen Abgeordneten werden am Mittwochabend über einen von Oppositionschef Jeremy Corbyn eingereichten Misstrauensantrag abstimmen. Das britische Unterhaus hatte am Dienstagabend mit 432 zu 202 Stimmen gegen den Austrittsvertrag mit der EU gestimmt und May damit eine historische Niederlage beschert.

May lehnte einen Rücktritt zwar ab; unmittelbar nach der Abstimmung beantragte Oppositionsführer Corbyn aber ein Misstrauensvotum gegen Mays Regierung. Die Premierministerin habe eine »katastrophale« Niederlage erlitten, erklärte der Chef der Labour-Partei.

Lesen Sie auch unsere Reportage aus der Ortschaft Basildon: Bloß nicht alles beim Alten lassen

Allerdings hat May gute Chancen, das Misstrauensvotum zu überstehen. Die verbündete nordirische Partei DUP, die am Dienstag gegen das Brexit-Abkommen gestimmt hatte, kündigte an, am Mittwochabend für die Premierministerin votieren zu wollen. Auch parteiinterne Kritiker wollen beim Misstrauensvotum für die Regierungschefin stimmen. Übersteht May die Abstimmung, will sie bis kommenden Montag einen neuen Plan vorlegen. Sie könnte versuchen, weitere Zugeständnisse von der EU zu erreichen und das Abkommen dann erneut zur Abstimmung stellen.

Bekommt May den Deal trotz aller Versuche nicht durchs Parlament, droht Ende März ein chaotischer Austritt ohne Abkommen. In Großbritannien gibt es quer durch die Parteien zudem Rufe nach einem zweiten Referendum, was May bisher aber strikt ablehnt. Zudem wäre dann eine Verschiebung des Austrittsdatums erforderlich.

Grünen-Europachef Reinhard Bütikofer sieht kaum noch Möglichkeiten, einen ungeregelten Austritt abzuwenden. »Die Alternativen sind hart, aber unausweichlich: Entweder wird Artikel 50 zurückgezogen - mit oder ohne neue Volksabstimmung -, oder es kommt zu einem harten Brexit der übelsten Art«, sagte er in Brüssel. »Wer jetzt noch von Neuverhandlungen schwadroniert, ist ein Scharlatan.« Artikel 50 des EU-Vertrags von Lissabon regelt, dass sich die Parteien für die Austrittsverhandlungen zwei Jahre Zeit lassen können. Die Frist läuft am 29. März 2019 aus.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock plädiert indes für ein zweites Referendum in Großbritannien über den Verbleib des Landes in der EU. »Lasst die Menschen entscheiden«, verlangte Baerbock am Mittwoch. »Sollten sich die Britinnen und Briten entscheiden, in der EU zu bleiben, stehen ihnen die Türen zum europäischen Haus jederzeit offen.«

Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erteilte Nachverhandlungen zum Abkommen eine Absage. Großbritannien müsse für Stabilität sorgen, sagte sie den Zeitungen der Funke-Gruppe. »Wir unterstützen Großbritannien auf seinem Weg, aber Nachverhandlungen zu dem Abkommen wird es nicht geben.« Zugleich warnte sie, ein ungeordneter Austritt hätte »dramatische Folgen für Großbritannien, für Deutschland und für Europa«.

Die Linksfraktion fordert unterdessen eine Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag. Merkel müsse sagen, wie die Bundesregierung Schaden aus dem Brexit-Chaos von Deutschland abwenden wolle, verlangte Fraktionschef Dietmar Bartsch. »Ich erwarte Antworten in einer unverzüglichen Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel vor dem Bundestag.« Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal