SPD-Fraktion will Pflege stärken

Resolution zur Gesundheitspolitik verabschiedet / Massive Kritik an BVG-Verantwortlichen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Berliner Bevölkerung wird älter. Eine Folge davon: Bis zum Jahr 2030 soll die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen von derzeit 136.000 auf 170.000 ansteigen. Die Versorgung in stationären und ambulanten Einrichtungen sowie in der häuslichen Pflege stelle den rot-rot-grünen Senat und das Land Berlin vor enorme Herausforderungen. Erst recht angesichts des Fachkräftemangels, den es insbesondere in der Altenpflege auch in Berlin gibt. Dieses sozial- und gesundheitspolitische Thema, das irgendwann im Leben alle Menschen betrifft, hat sich die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus bei ihrer diesjährigen Klausurtagung in Rostock auf die Fahne geschrieben.

»Pflege ist ein zentrales Thema«, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh am Rande der Klausur dem »nd«. Es gehe um die Würde der Menschen, darum, sie in schwierigen Situationen würdevoll zu betreuen. Und der SPD-Fraktion geht es darum, zu schauen, welche Stellschrauben auf Landesebene gedreht werden können, um die Herausforderung zu meistern. »Im Bereich der Pflege darf nicht gekleckert, sondern muss geklotzt werden«, sagte Saleh.

Weitere Beschlüsse der SPD-Fraktion
  • Die SPD-Fraktion schlägt einen Hilfsfonds für Opfer rechter Gewalt in Berlin vor. Es sei unerträglich, dass engagierte Demokraten auch in Berlin Ziel solcher Angriffe würden, heißt es in einer Resolution, die die SPD-Fraktion am Freitag auf einer Klausurtagung in Rostock beschloss. Nach ihren Vorstellungen sollte der Fonds mit zehn Millionen Euro gefüllt werden. 
  • Mit einem weiteren Beschluss will die Berliner SPD-Fraktion die Sicherheit von Fußgängern verbessern. Nötig seien unter anderem ein Programm zur kompletten Sanierung der Gehwege, mehr Barrierefreiheit auch an Ampeln und längere Grünphasen für Fußgänger, heißt es in einem Forderungskatalog, über den die Abgeordneten am Samstag auf der Klausur abstimmen wollten. Für den landeseigenen Lkw-Fuhrpark wird die schnellstmögliche Nachrüstung mit Abbiegeassistenten gefordert. dpa/nd

Um diesem Anspruch Nachdruck zu verleihen, beschlossen die Abgeordneten der Sozialdemokraten in Rostock am Samstag eine Resolution zur Pflege. Darin enthalten sind eine Reihe von »konkreten Maßnahmen«. So sollen zum Beispiel erstmals Heim- und Unterbringungsplätze in Kooperation mit dem kommunalen Krankenhausbetreiber Vivantes und in Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden neu geschaffen werden. Die SPD-Fraktion fordert sogar, dass das Land Berlin eigene Pflegeheime baut. Ein Vorbild dafür ist der Aufbau eines landeseigenen Heimbetreibers im Flüchtlingsbereich. »Der Mix macht es«, sagt Saleh.

Ziel des sozialdemokratischen Maßnahmenpaketes ist es, den staatlichen Einfluss zu stärken und Marktentwicklungen im Pflegebereich zurückzudrängen. »Ich finde es nicht richtig, dass die Pflegeheime zu Renditeobjekten geworden sind«, erklärte Pflegesenatorin Dilek Kolat (SPD) mit Blick auf den Fakt, dass 60 Prozent der Pflegeeinrichtungen von Privaten betrieben werden. Um die Maßnahmen zu finanzieren, fordert die SPD-Fraktion, dass der Senat einen dreistelligen Millionenbetrag in diesen Bereich investiert. Die Rede ist von 250 Millionen Euro.

In den Beschlüssen der SPD-Fraktion spiegelt sich auch die gegenwärtige Strategie der Sozialdemokraten wider, mit ganz konkreten Maßnahmen bei den Menschen zu punkten, um aus dem Umfragetief zu kommen.

Doch in Rostock wurden nicht nur inhaltliche Beschlüsse zur Demokratieförderung oder sozialpolitischen Maßnahmen beschlossen. Vielmehr nutzte die SPD ihre Klausur, wie bereits im Vorjahr, auch diesmal dazu, einen eigenen Koalitionspartner zu attackieren. Insbesondere die für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Verantwortlichen wie Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop sowie BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta wurden massiv angegriffen. »Die digitalen Anzeigen bei der BVG müssen verlässlich sein. Es darf nicht vorkommen, dass der Countdown nach Ablauf einfach von Vorne beginnt, ohne dass angekündigte Busse oder Bahnen erscheinen, in der Digitalhauptstadt Berlin«, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Rande der Klausur. Er bekomme »immer mehr Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich über Probleme bei der BVG beschweren«, so Müller.

Auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh schlug in dieselbe Kerbe: »Wenn man einen Bus bekommt, ist man glücklich. Wenn man dazu noch einen Sitzplatz bekommt, ist man überglücklich.« Und: »Frau Nikutta ist Angestellte des Landes Berlin, sie muss sich Fragen gefallen lassen. Das ist keine Majestätsbeleidigung.«

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