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Mal einen reinmachen

Die Borussen aus Mönchengladbach zeigten den Leverkusener Fußballern, wie man wenigstens ein Tor schießt

  • Andreas Morbach, Leverkusen
  • Lesedauer: 4 Min.

Vor dem Duell in der BayArena hatte Dieter Hecking fein gegen die Leverkusener und ihren neuen Trainer gestichelt. Nun, nach dem 1:0-Erfolg im Handgepäck, gab sich Gladbachs Trainer ganz handzahm. Dem beim Werksklub frisch angetretenen Kollegen Peter Bosz legte er freundschaftlich die Hand auf die Schulter, plauderte auf dem Weg zur Ausgangstür noch ein paar Takte mit ihm - nachdem er dem Niederländer vorher bereits seinen offiziellen Segen gegeben hatte. »Ich glaube, mit Peter hat Leverkusen einen fantastischen Trainer geholt«, äußerte Hecking da. Ehe er einen kurzen Blick in die Kristallkugel warf: »Was er vorhat, kann er mit dieser Mannschaft umsetzen - das hat man zum Teil schon gesehen.« Zum Teil sah man allerdings auch wieder viel von dem, was den Vorjahresfünften im letzten Herbst ins sportliche Mittelmaß abrutschen ließ: Einen mitunter etwas kopflosen Eifer in der Offensive, erkennbare Durchhänger nach Rückschlägen, im Vergleich mit Gladbach weniger gewachsene Strukturen beim Aufbauspiel aus der Defensive. Bezeichnend: In der Hinrunde verlor Bayer unter Trainer Heiko Herrlich alle Partien gegen die Top sieben der Liga, Nachfolger Bosz setzte diese dunkle Serie mit Niederlage Nummer acht nun nahtlos fort.

Zwei Wochen gemeinsamer Vorbereitung seien nicht viel, klagten die Leverkusener und ihr neuer Bankvorsteher vor der Partie. Und so klagten sie auch danach wieder. Hinzu kommt der jetzt schon drängende Faktor Zeit: Der Rückstand auf die internationalen Plätze ist weiter angewachsen und als Gegner warten nun: Wolfsburg und München. »Die nächsten Spiele werden nicht einfach«, ahnt Bosz. »Aber wir werden uns verbessern.« Bei seinem ersten, nach sechs Monaten gescheiterten Bundesligaversuch in Dortmund ging der Trend allerdings in die entgegengesetzte Richtung: Nach starkem Start ließ der BVB ebenso stark nach, agierte in Bosz‘ 4-3-3-System zunehmend verunsichert und anfällig.

Unter dem Bayer-Kreuz haben sie dem Fußballlehrer aus Apeldoorn nun mit Vorschusslorbeeren überhäuft. Der betonte Optimismus an der A1 war auch Dieter Hecking nicht entgangen. »Wir brauchen Leverkusen nicht zu hoch hängen. Wir sind gespannt, ob sie so gut sind, wie sie tun«, kommentierte Borussias Coach vor dem rheinischen Duell süffisant. Und sah sich dann in gewisser Weise bestätigt: Denn wo Bosz draufsteht, ist weiterhin Bosz drin.

»Bei allen Taktiken ist entscheidend, dass du auch mal einen reinmachst. Das ist der Kritikpunkt. Die Niederlage ist enttäuschend, nicht aber die Art und Weise«, sprach Sport-Geschäftsführer Rudi Völler sich und dem neuen Chefübungsleiter Mut zu. Ebenso wie Mittelstürmer Kevin Volland, der erwähnte: »Es gab vorher eine gewisse Unsicherheit, ob das klappt. Darum war es für die Mannschaft wichtig zu sehen, dass wir das spielen können, was der Trainer will.«

Den Ruf, ein Sturkopf zu sein, bringt Bosz aus seinem Halbjahres-Job in Dortmund mit nach Leverkusen. Zugleich ist dem Mann aus Oranje-Land sehr daran gelegen, sein Image im Nachbarland zu korrigieren. Den mäßig erfolgreichen Versuch, Rechtsfuß Karim Bellarabi über links und den Jamaikaner Leon Bailey auf Bellarabis rechter Seite stürmen zu lassen, revidierte er gegen Gladbach nach einer Stunde - und läutete damit die stärkste Phase seines Teams ein.

Insgesamt wirkte Bayers Auftakt unter dem holländischen Coach deutlich kontrollierter als bei dessen Spektakelfußball in Dortmund. So bleiben soll das allerdings nicht. »Ich habe bei meinem Antritt hier gesagt: Man muss aus Fehlern lernen«, sagte Bosz zwar, kündigte jedoch an: »Die Mannschaft soll eine bestimmte Spielweise ausführen. Aber wir wollen das noch viel offensiver haben.«

Unter den Top sechs in der Rubrik Laufleistung standen am Samstag in der BayArena fünf Leverkusener. Der Wille zum Umschwung war da, allein das Fleisch war in entscheidenden Situationen etwas schwach. Zum Beispiel bei Jungstar Kai Havertz, der Gästekeeper Yann Sommer nach gut einer Stunde aus fünf Meter Entfernung direkt in die Arme schoss. »Wir waren vor dem Tor wieder nicht konsequent genug«, benannte der 19-jährige Nationalspieler später ein altbekanntes Bayer-Problem. »Das hat uns Gladbach vorgemacht - und mit der ersten Chance gleich die Bude geschossen.«

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