Wo Antifas mit Gewehren auf Demos gehen

Antifa-Aktivisten demonstrieren trotz Absage gegen Neonazi-Treffen und wollen Konföderierten-Relief am Gründungsort des Ku-Klux-Klans einebnen

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 200 zum Teil bewaffnete Antifaschisten haben am Samstag in einem Vorort von Atlanta in den USA gegen eine geplante aber dann abgesagte Demonstration von rechten Aktivisten demonstriert. Die weißen Nationalisten wollten sich ursprünglich unter dem Titel »Rock Stone Mountain II« im gleichnamigen Nationalpark wenige Kilometer östlich der Schwarzenmetropole Atlanta versammeln.

Im Granitfelswand des Stone Mountain Park befindet sich ein großes 30 mal 60 Meter großes Felsrelief, das die konföderierten Generäle Thomas »Stonewall« Jackson und Robert E. Lee sowie den Präsidenten der konföderierten Südstaaten Jefferson Davis zeigt. An dem buchstäblich in Stein gehauenen Denkmal des Südstaatenrassismus wurde 1915 der Ku-Klux-Klan neu gegründet. Auch in den letzten Jahren hatten sich dort immer wieder rechte und Alt-Right-Aktivisten versammelt. Dieses Jahr sollte es erneut ein Treffen geben.

Dagegen hatte ein Bündnis gewerkschaftlicher und sozialistischer Gruppen sowie linke Milizen mobilisiert unter dem Namen FLOWER (Frontline organizations working together to end racism). Die Verwaltung des Stone Mountain Park hatte den Neonazi-Aktivisten jedoch keine Genehmigung erteilt. Antifaschisten machten das neonazistische Engagement der Frau eines führenden rechten Aktivisten bei ihrem Arbeitgeber, dem Flughafen in Atlanta, bekannt.

Auch gab es offenbar interne Querelen zwischen den Neonazis. Der mittlerweile durch den Staat Georgia verwaltete Stone Mountain Park hatte Freitagabend laut lokalen Medien erklärt, das am Samstag der gesamte Park geschlossen sei.

Die FLOWER-Aktivisten demonstrierten am Samstag trotzdem durch die neben dem Park gelegene Kleinstadt Stone Mountain – eskortiert von Antifaschisten mit Gewehren. »Kein Trump, kein KKK, kein Faschismus in den USA« und »wessen Straße, unsere Straße« riefen die zum Teil vermummten Demonstranten. Sie sehen die komplette Absage der Neonazis als Erfolg. Seit 2017 sei die Antifa-Bewegung in den USA »wie eine Blume aufgeblüht«, erklärte ein Aktivist. Am Ende der Demonstration wurde auch eine Ku-Klux-Klan-Puppe verbrannt. In den letzten Monaten war es nach »nd«-Informationen immer wieder zu Aktivitäten von Ku-Klux-Klan-Aktivisten in Atlanta gekommen. So wurden etwa vor den Midterm-Wahlen Flyer der Rassistenorganisation in überwiegend von Minderheiten bewohnten Nachbarschaften verteilt.

Ginge es nach den FLOWER-Aktivisten sollte das Konföderierten-Relief mit einem Sandstrahler vernichtet werden. In den letzten Monaten hat es in den USA und vielen Südstaaten eine Debatte um rassistische Konföderierten-Statuen gegeben. Die Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center hat dokumentiert, dass in vielen Städten und Gemeinden im Süden der USA insgesamt 1700 Konföderierten-Statuen stehen oder Straßen und Schulen etwa nach Generälen wie Robert E. Lee benannt sind. 2017 hatten Demonstranten in North Carolina die Statue eines Konföderiertengenerals in Durham mit einem Seil vom Sockel gestoßen. In Georgia hat eine Gruppe von Bürgerrechtsorganisationen – darunter auch die älteste Schwarzen-Organisation der USA, die NAACP – eine Kampagne zur Entfernung aller konföderierten Denkmäler in Georgia gestartet. Auch zum Super-Bowl-Wochenende – das nationale Footballgroßereignis findet dieses Jahr in Atlanta statt – wurde dafür an anderer Stelle in Atlanta demonstriert.

Die Präsenz bewaffneter Antifaschisten am Rande der Demonstration in Stone Mountain war offenbar als Zeichen der Stärke gemeint, aber auch der Furcht vor rechter Gewalt wie in Charlottesville geschuldet. In der Universitätsstadt im US-Bundestaat Virginia waren im August 2017 Gegendemonstranten von Rechten verprügelt worden, ein Neonazi-Aktivist fuhr mit einem Auto in eine Gruppe Antifaschisten. Dabei starb die Aktivistin Heather Heyer.

Auch im Umfeld der gescheiterten »Rock Stone Mountain« Demonstration hatte es rechtsterroristische Drohungen gegeben. Weil eine Demonstration gerade nicht möglich sei, müsse man auf das Konzept des »führerlosen Widerstands« zurückgreifen, hatten rechte Aktivisten in sozialen Netzwerken verkündet. »Das Alptraum-Szenario ist natürlich das jemand entscheiden ein einsamer Wolf zu sein und etwas abzieht wie das, was in Charlottesville passiert ist«, erklärte ein Antifaschist die Präsenz von Gewehren und Shotguns auf der Antifa-Demonstration. Die Polizei hielt sich offenbar zurück bei der Demonstration.

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