nd-aktuell.de / 09.02.2019 / Politik / Seite 8

Gewalt ist kein Importprodukt

Die Feministin Lena Jäger spricht über die Frauenmorde in Österreich - und wird deshalb von Rechten verbal angegriffen

Lou Zucker

Wieder hat es eine Frau gewagt, die Egos von Männern zu verletzen, die viele Jahrhunderte Zeit hatten, sich an ihre Privilegien zu gewöhnen und sich nun erbittert an sie klammern. Die Frau heißt Lena Jäger, und die verletzten Egos gehören vor allem Mitgliedern der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreichs.

Die Identitären übersäen die Mitinitiatorin eines Frauenvolksbegehrens derzeit mit Hasskommentaren. So »krass wie jetzt« sei es noch nie gewesen, sagt sie dem österreichischen »Standard«, obwohl sie Shitstorms gewöhnt sei. Jäger hatte in einer Diskussionsrunde auf Ö24.tv über die stark angestiegene Zahl an Frauenmorden in Österreich gesprochen. Von rechts wird dieses Thema gern instrumentalisiert, um gegen Einwanderung zu argumentieren. Jäger hingegen wagte es, die Gewalt an Frauen als »Problem des Patriarchats« im allgemeinen zu bezeichnen. Sie wies darauf hin, dass Deutschland doppelt so viele Geflüchtete pro 1000 Einwohner*innen aufgenommen habe, aber nur halb so viele Frauenmorde verzeichnete. Daraus folgerte sie: »Die Ausländer kommen nach Österreich und gucken sich offensichtlich von den Österreichern das Morden ab.«

Martin Sellner, eine führende Figur der Identitären Bewegung, bezeichnete die Aussage auf Twitter als »unfassbare Frechheit« und zeigte sich persönlich angegriffen. In den Hassnachrichten, die Jäger seitdem bekommt, werde sie beschimpft, weil sie »dick, deutsch und lesbisch« sei, berichtet die Aktivistin dem »Standard«. An einer Diskussion über ihre Argumente schien niemand der Shitstormer interessiert zu sein.

Jägers Frauenvolksbegehren fordert »soziale und ökonomische Gleichstellung der Geschlechter« in allen Lebensbereichen. Konkret setzt es sich beispielsweise gegen Gewalt an Frauen und für die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen ein. Ungefähr das Gegenteil von allem, wofür die Identitäre Bewegung steht. Es scheint, als hätte die nur darauf gewartet, Jäger zu attackieren.