Speerspitze abgebrochen

Brasiliens Polizei stürmt besetzte Fabrik

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: ca. 1.0 Min.
Gegen die gewaltsame Erstürmung der besetzten Kunststofffabrik CIPLA in Joinville (Brasilien) durch Angehörige der Bundespolizei haben in den letzten Tagen weltweit Gewerkschafter protestiert und vor brasilianischen Botschaften und Konsulaten demonstriert. Die rund 150 schwer bewaffneten Polizeibeamten waren in den Morgenstunden des 31. Mai überraschend in den Betrieb eingedrungen, der von der Belegschaft in eigener Regie geführt wurde. Sie nahmen die Mitglieder des gewählten Fabrikkomitees fest und sperrten die Arbeiter aus. 50 Beschäftigte haben seither Kündigungsschreiben erhalten. Mittlerweile wurde per richterlicher Verfügung ein Verwalter eingesetzt, der die Interessen der alten Eigentümer, der Gebrüder Batschauer, vertreten soll. Die Polizei konfiszierte in der Fabrik auch private Habseligkeiten der Beschäftigten und legte Mobiltelefone und E-Mail-Accounts des Unternehmens still, um so die Kommunikationskanäle im Werk kontrollieren zu können. CIPLA ist seit rund fünf Jahren Speerspitze eines lateinamerikanischen Netzwerks von Fabrikbesetzungen; das Firmengelände war erst Ende 2006 Austragungsort einer internationalen Konferenz mit Vertretern aus besetzten Betrieben auf dem ganzen Kontinent. Seit fünf Jahren kämpft die Belegschaft um den langfristigen Erhalt des Betriebes und dessen Verstaatlichung. Mit ihrer Besetzung im Jahre 2002 hatte die Belegschaft auf Drohungen der Eigentümer mit einer Werksschließung und auf den Zahlungsrückstand bei Löhnen und Sozialleistungen reagiert. Wie der Koordinator des besetzten Betriebes, Serge Goulart, mitteilte, hatte die CIPLA-Belegschaft insbesondere Handel mit Venezuela angestrebt - und Präsident Lula Da Silva aufgefordert, ähnlich wie der venezolanische Präsident Hugo Chávez die Verstaatlichung besetzter Betriebe anzuordnen. Damit stieß Goulart, ehrenamtliches Vorstandsmitglied von Lulas Arbeiterpartei PT, ...

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