Rechnet die Arbeitsagentur die Quote der Hartz-IV-Sanktionen klein?

457.000 Menschen wurde 2017 mindestens einmal die Unterstützung gekürzt / LINKEN-Parteichefin Katja Kipping: »Sanktionspraxis wird kleingeredet«

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Essen. Die Quote der jährlich mit Sanktionen belegten Hartz-IV-Empfänger ist nach Angaben der Linkspartei größer als von der Arbeitsagentur dargestellt. Demnach wurden von 5,52 Millionen Menschen, die 2017 mindestens einmal Hartz-IV-Leistungen bezogen, 457.000 mindestens einmal mit einer Sanktion belegt, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch) unter Berufung auf Daten der Bundesagentur für Arbeit berichten, die LINKEN-Vorsitzende Katja Kipping erfragt hat. Das ergebe eine Sanktionsquote von 8,3 Prozent. Die von der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesene monatliche Sanktionsquote lag dagegen zuletzt bei 3,1 Prozent.

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Im Jahr 2017 war den Angaben zufolge fast jeder zwölfte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher von mindestens einer Sanktion betroffen. Betrachte man nur die Empfänger unter 25 Jahren, liege die Quote sogar bei neun Prozent, hieß es. Das sei fast jeder elfte. »Die Sanktionspraxis wird noch immer kleingeredet«, sagte Kipping den Funke-Zeitungen. Das Unrecht, das Menschen damit angetan werde, sei lange bekannt. »Aber jetzt sehen wir, dass offenbar auch die Zahl der Betroffenen untertrieben wurde.«

Während die LINKEN-Parteichefin sich auf die Zahl der Menschen bezieht, die im Jahresverlauf mindestens einmal sanktioniert wurden, erfasst die von der Bundesagentur für Arbeit genannte Sanktionsquote die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die jeden Monat an einem bestimmten Tag sanktioniert sind. Diese »stichtagsbezogene Monatsquote« habe den Vorteil, dass sie lokal für jedes Jobcenter ausgewiesen werden könne, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) den Funke-Zeitungen mit. Das sei aus statistischen Gründen für die jährliche Betrachtung derzeit nicht möglich.

Kipping forderte erneut die Abschaffung der Sanktionen: »Hartz IV soll das verfassungsmäßig garantierte Existenzminimum abdecken. Sanktionen, die davon etwas wegnehmen, sind ein Angriff auf das Grundrecht und die Menschenwürde«, kritisierte die LINKEN-Vorsitzende. epd/nd

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