Italien führt Grundsicherung ein

Das sogenannte Bürgerschaftsgeld ähnelt dem deutschen Hartz IV

  • Lou Zucker
  • Lesedauer: 2 Min.

Ab heute kann in Italien die neue Grundsicherung der Fünf-Sterne-Bewegung beantragt werden: das sogenannte Bürgerschaftsgeld. In Grundzügen ähnelt es dem deutschen Hartz IV. Empfangsberechtigt ist, wer weniger als 6.000 Euro im Jahr verdient. Für Mieter*innen gilt eine Obergrenze von 9.360 Euro im Jahr, also dürfen sie nicht mehr als 780 Euro im Monat verdienen. Personen über 65 wird die sogenannte Bürgerschaftsrente gezahlt, für sie gelten geringfügig höhere Einkommensobergrenzen.

Wie hoch das Monatseinkommen sein darf, um sich für das Bürgerschaftsgeld zu qualifizieren, verschiebt sich zusätzlich je nach Größe und Zusammensetzung der Familiengemeinschaft. Ein alleinerziehendes Elternteil mit einem Kind darf beispielsweise bis zu 1.014 Euro im Monat verdienen. Bei zwei Elternteilen mit zwei Kindern liegt die Einkommensgrenze bei 1.638 Euro im Monat . Ebenfalls entscheidend sind Vermögen und Immobilienbesitz. Wenn eine Familie Eigentümerin eines Hauses oder einer Wohnung ist, in der sie lebt, wird diese Immobilie jedoch nicht auf das Bürgerschaftsgeld angerechnet.

Ausländer können die Leistung nicht bedingungslos beantragen

Voraussetzung ist des Weiteren die italienische Staatsbürgerschaft oder die eines anderen EU-Landes. Auch nicht-EU-Bürger*innen können Bürgerschaftsgeld erhalten, allerdings nur, wenn sie einen permanenten Aufenthaltsstatus haben und seit zehn Jahren in Italien leben.

Schätzungen zufolge werden Singlehaushalte so durchschnittlich 373,75 Euro im Monat erhalten, Familien durchschnittlich 421 Euro, wie die Zeitung »Corriere della Sera« berichtete. Wer zur Miete wohnt, erhält entsprechend mehr. Damit liegt das Bürgerschaftsgeld unter dem HartzIV-Regelsatz von 424 Euro.

Ähnlich wie bei dem deutschen Arbeitslosengeld II müssen die Bezieher*innen sich dazu verpflichten, einen aus drei ihnen angebotenen Jobs anzunehmen. Die angebotene Arbeitsstelle muss innerhalb von 100 Kilometern liegen, wird sie jedoch abgelehnt, darf das zweite Jobangebot 250 Kilometer entfernt sein. Beim dritten mal darf das Jobangebot aus dem gesamten Bundesgebiet Italiens kommen.

Das Geld kommt nicht aufs Konto

Ein Unterschied zu Hartz IV besteht darin, dass die italienischen Bezieher*innen das Geld nicht aufs Konto ausgezahlt bekommen, sondern eine Prepaid-Karte erhalten, mit der sie Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs bezahlen können. Nur 100 Euro dürfen monatlich mit der Karte in Bar abgehoben werden, Familien bis zu 210 Euro.

Die Schätzungen, wie viele Personen dazu berechtigt sind, die Leistung zu empfangen, schwanken. Laut »Corriere della Sera« werden zwischen 2,4 Millionen und 4 Millionen Menschen das Bürgerschaftsgeld erhalten, die Zeitung »La Stampa« geht von 4,6 Millionen aus. Diesem Szenario zufolge würden sich die staatlichen Kosten im ersten Jahr auf 6,5 Milliarden Euro belaufen.

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