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Im Namen des Sohnes
Fabian Hillebrand über das Sterben auf dem Mittelmeer
45 Flüchtlinge sind am Donnerstag bei einem Schiffsunglück ertrunken. Erst am Sonntag wurde ein neunjähriges Mädchen auf der griechischen Insel Samos angespült. Was sich auf dem Mittelmeer abspielt, ist von unendlicher Trostlosigkeit. Es ist eine humanitäre Katastrophe. Das Sterben ist zu einer obszönen Normalität geworden. Katastrophe, Trostlosigkeit, diese Vokabeln wirken verbraucht.
Die Sprache für das Leid nutzt sich ab. Die Wiederholung des Elends, zumal weit entferntem, macht stumpf - auch die deutsche Öffentlichkeit. So war das Ertrinken so vieler Menschen den meisten Medien kaum mehr eine Meldung wert. Eben wie die Tatsache, dass letzte Woche 77 Menschen von Frachtschiffen aus Seenot gerettet und gegen internationale Gesetze nach Libyen und Marokko zurückgebracht wurden. Zurück in Folterlager, in denen Versklavung, Hunger und Gewalt drohen.
»Um viel geht’s nicht/ sich Steine regnen lassen ins Gesicht/ ohne dass die Seele sich verletzt«, schrieb der tschechische Dichter Jan Skácel. Europa darf nicht wegschauen, wenn Menschen an seinen Außengrenzen sterben. Wir dürfen keine Angst haben vor der Ohnmacht, in die uns die Komplexität und Trostlosigkeit der Situation bringt.
Die Sicherheitsarchitektur der EU tut alles, damit die Todesschreie auf dem Mittelmeer möglichst ungehört bleiben. Nicht alle nehmen das hin: Die »Sea-Eye« bereitet sich auf ihren nächsten Einsatz vor - gegen alle Widerstände. Ihr Schiff wurde jüngst auf den Namen »Alan Kurdi« getauft. Von dem Vater des toten Jungen, dessen Bilder den Panzer aus Gleichgültigkeit für einen Moment durchbrachen.
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