Zum Vorbild verdammt

MEINE SICHT über Berlin als europäisches Vorbild für eine andere Politik

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Perspektivwechsel schadet nie. Auf der Fraktionsklausur der LINKEN in Rheinsberg wurden beim Thema europäische Metropolen als Orte fortschrittlicher Politik zahlreiche Videoschnipsel aus anderen Städten eingespielt. Schnell wird klar: Politiker aus ganz Europa schauen auf Berlin. Es gibt eine Erwartungshaltung, eine Bringschuld, dass das Mitte-links-Bündnis zeigen muss, wie eine andere soziale und ökologische Politik funktionieren kann.

Besonders genährt wird die Hoffnung europäischer Aktivisten auf eine andere Politik aktuell auch durch das bevorstehende Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co enteignen«. Debatten zu Enteignungen, zur Deckelung von Mieten, davon wird andernorts in europäischen Metropolen, die die gleiche Wohnungsmisere teilen, allenfalls nur geträumt. Selbst in Wien, das als Ort für eine vorbildliche gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik gilt, wird gespannt nach Berlin geblickt, wie SPD, Linkspartei und Grüne die durch das Volksbegehren entfachte Debatte nutzen, um die Mietenkrise zu überwinden.

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Ein bundesweites Vorbild wollte Rot-Rot-Grün werden. Darüber machten sich zuletzt viele Beobachter lustig. Aber vielleicht haben einige zu früh gelacht: Wenn das Mitte-links-Bündnis den Schwung der radikalen mietenpolitischen Diskussion richtig nutzt, tatsächlich mietendämpfende Maßnahmen durchsetzt und der preistreibenden Spekulation einen Riegel vorschiebt, würden auch andere europäische Metropolen hellhörig. Denn bei der Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum teilen Barcelona, London und Paris und die anderen dasselbe Problem.

Rot-Rot-Grün ist also nicht nur zum Erfolg verdammt, sondern auch zum Vorbild. Sollte es SPD, Linkspartei und Grünen gelingen, auf den zentralen Feldern im kommenden Jahr voranzukommen, dürfte das natürlich auch nicht im Bund unbemerkt bleiben. Die Bundesregierung sitzt in Berlin, was hier auf Landesebene passiert, wird genau registriert.

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