Prozess wird nicht verlegt

Tatverdächtiger Syrer steht in Dresden vor Gericht

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Prozess um den Tod eines 35 Jahre alten Mannes am 26. August 2018 in Chemnitz wird in Sachsen stattfinden - und zwar in Verantwortung des Landgerichts Chemnitz. Ein Antrag der Verteidigung, ihn an das Landgericht Leipzig zu übergeben, scheiterte am Freitag. Zuvor hatte die Verteidigung bereits ohne Erfolg versucht, eine Verlegung in ein anderes Bundesland zu erreichen.

In dem Prozess steht an diesem Montag ab 10 Uhr ein Syrer vor Gericht. Ihm wird gemeinschaftlicher Totschlag und gemeinschaftlicher versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen. Zusammen mit einem auf der Flucht befindlichen Iraker soll er vor gut einem halben Jahr am Rande des Stadtfestes einen Mann mit Messerstichen getötet sowie zwei weitere teils schwer verletzt haben. Vorerst sind neun Verhandlungstage bis Ende Mai angesetzt.

Die Schwurgerichtskammer des Chemnitzer Landgerichts hat entschieden, das Verfahren wegen eines »außerordentlich großen Interesses der Öffentlichkeit« und »erhöhten Anforderungen an die Sicherung des äußeren Ablaufs« in einem Prozessgebäude des Oberlandesgerichts Dresden durchzuführen. Dort war für das Verfahren gegen die als terroristische Vereinigung eingestufte rechte »Gruppe Freital« ein speziell gesicherter Gerichtssaal in einem Gebäude geschaffen worden, das einst als Erstaufnahmeunterkunft für Asylbewerber errichtet wurde. Unter anderem trennt eine Scheibe aus Panzerglas die Prozessbeteiligten und das Publikum.

Die Verteidigung strebte an, das Verfahren überhaupt nicht in Sachsen und auch nicht in Thüringen und Brandenburg stattfinden zu lassen. Dort werden dieses Jahr neue Landtage gewählt. Es gibt die Sorge, dass rechte Kreise den Prozess - wie schon die Tat - politisch auszuschlachten suchen. Die Verteidigung befürchtet Demonstrationen oder gar »massive, von der Polizei nicht beherrschbare Ausschreitungen«. Die Richter könnten deshalb womöglich »nicht unbeeindruckt und angstfrei« urteilen, hieß es. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe lehnte den Antrag aber vorige Woche ab. Es gebe »nicht die geringsten Anhaltspunkte« dafür, dass die Richter am Landgericht Chemnitz das Gedankengut rechter Demonstranten teilten oder sich etwaigem »Druck der Straße« beugen könnten. Zwar lässt die Strafprozessordnung eine Verlegung zu, wenn eine Verhandlung vor einem bestimmten Gericht eine »Gefährdung der öffentlichen Sicherheit« befürchten lasse. Es ist laut BGH aber »nicht ersichtlich«, dass Sachsens Behörden dem nicht wirksam begegnen würden.

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