Abserviert

Personalie: Ullrich Fichtner wird doch nicht »Spiegel«-Chefredakteur.

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 2 Min.

Ullrich Fichtner zieht nicht in die Chefredaktion des Printmagazins »Spiegel« ein. Mit dieser nun bekanntgegebenen Entscheidung zieht Chefredakteur Steffen Klusmann rund drei Monate nach Bekanntwerden der Relotius-Affäre erste Konsequenzen. Auch von der Personalie Matthias Geyer als neuer Blattmacher wird Abstand genommen. In einer Meldung des Verlags heißt es dazu, man werde Fichtner und Geyer »mit neuen strategischen Aufgaben in der gemeinsamen Redaktion betrauen«. Zusätzlich werde Geyer die Leitung des Ressorts Gesellschaft auf eigenen Wunsch abtreten. Laut Klusmann hat die Untersuchung der Kommission, die sich mit der Aufarbeitung des Falls Relotius befasste, ergeben, dass beide bei den Betrugsfällen keine Schuld trifft. Sie übernähmen dennoch die Verantwortung dafür.

Ullrich Fichtner, der als Entdecker und Förderer des Reporters Claas Relotius gilt, war im Zuge der Aufarbeitung selbst in die Kritik geraten. Laut offizieller Darstellung hat er sich nach dem Teilgeständnis von Relotius, Reportageinhalte erfunden zu haben, vier Tage Zeit gelassen, um die Chefredaktion in Kenntnis zu setzen. Auch eine allererste Meldung zu dem Fall - die eher einer spannenden Reportage im Stil von Relotius glich denn einem aufklärenden Stück -, die von Fichtner stammte und mehr als 40 000 Zeichen umfasste, sorgte für Gesprächsstoff. Darin wälzte er unter anderem sämtliche Verantwortung auf den Betrüger Relotius ab und stellte das Geschehene zu wenig selbstkritisch dar.

Ein weiterer Vorgang, der Fichtner nun zum Nachteil gereicht, wurde jüngst von dem Journalisten Kai-Hinrich Renner öffentlich gemacht. Demnach soll Fichtner in Rede auf einer Journalistentagung im Jahr 2016 dem Publikum erklärt haben, wie man Menschen Worte in den Mund legt, die sie niemals gesagt haben. Er referierte rund eineinhalb Stunden über die Dramaturgie einer Magazingeschichte. Bislang hat er noch nicht öffentlich dazu Stellung bezogen. Er soll sich aber gegenüber Renner per Mail geäußert haben - aus der aber nicht zitiert werden dürfe, heißt es.

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