Landung in Caracas

Zwei Flugzeuge aus Moskau senden den USA Signale

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei russische Flugzeuge sind auf dem Simon-Bolivar-Airport gelandet. Sie haben 35 Tonnen Fracht und 99 russische Militärs an Bord. Der Ranghöchste ist Heeresstabschef Wassili Tonkoschkurow. Die Mission sei Teil der zwischen Russland und Venezuela verabredeten »technischen und militärischen Kooperation«, heißt es.

Offenbar handelt es sich bei der Fracht nicht um Medikamentenlieferungen, die der Staatschef Venezuelas, Nicolás Maduro, in der vergangenen Woche angekündigt hatte. Hilfslieferungen hätte der seit vielen Monaten arg in Bedrängnis geratene sozialistische Präsident medial intensiv vermarktet.

Auch ein anderer Fakt findet medial keine Würdigung. Glaubt man Satellitenaufnahmen, so hat Venezuela gerade seine S 300-Flugabwehrraketen in Gefechtsbereitschaft versetzt. Die sind zwar nicht der letzte Schrei der Militärtechnik, doch gemeinsam mit dem Nahbereichsabwehrsystem »Panzir« höchst effektiv bei der Abwehr von Flugkörpern aller Art. So wie die Suchoj-Kampfjets. Moskau lieferte zudem allerlei Heerestechnik: Sturmgewehre, Panzer, Raketenwerfer, Kampfhubschrauber ... Sie bieten eine gewaltige Kampfkraft. Vorausgesetzt: Das Bedienpersonal ist bestens ausgebildet und motiviert.

Moskau - als Absender der modernen Militärtechnik - hat in vielen Teilen der Welt oft genug die Erfahrung machen müssen, dass die Empfänger ungenügend motiviert oder nicht ausreichend trainiert sind. Folglich setzt man Berater ein. Die - siehe Syrien - rasch in Bedienerfunktionen wechseln können. Was man in Washington natürlich weiß, ja wissen soll. Besonders dann, wenn man Pläne zum Einsatz von US-Streitkräften zum Sturz des Maduro-Regimes verfolgt. »Alle Optionen sind auf dem Tisch«, sagte US-Präsident Donald Trump unlängst vielsagend.

Erst im vergangenen Dezember hatte man in Washington ähnliche Signale aufgefangen. Damals hatten zwei russische TU 160-Atombomber an Manövern der venezolanischen Luftwaffe teilgenommen. US-Außenminister Mike Pompeo schäumte: »Das russische und das venezolanische Volk sollten dies so sehen, wie es ist: Zwei korrupte Regierungen plündern die öffentlichen Gelder und unterdrücken Freiheit, während ihre Völker leiden.«

Unter der Hand gab es Gerüchte, dass Russland permanent Bomber auf die Insel Orchilla verlegen könnte. Obgleich Venezuelas Verfassung keine dauerhafte Stationierung ausländischer Truppen gestattet, wäre so eine russische Basis zweifach verlockend. Für die Gastgeber wäre sie eine gewisse Sicherheitsgarantie und für die Gäste eine Gelegenheit, US-Aufrüstungen in Europa zu kontern.

Doch die Erfahrungen in der sogenannten Kuba-Krise sind in Moskau nicht vergessen. Und so hatte man auch schon vor rund zehn Jahren ein Stützpunktangebot von Maduros Vorgänger, Hugo Chavez, dankend abgelehnt.

Es scheint, als sei Maduros Sturz mit der »Brechstange« vorerst abgewendet. Ob die demonstrative Landung russischer Militärspezialisten auf dem hauptstädtischen Airport ein Zeichen von Kraft oder Ohnmacht ist, wird sich erweisen. Maduros Gegenspieler, der selbst ernannte Übergangspräsident Juan Guaidó, hatte am Wochenende angekündigt, die letzten Stunden des Maduro-Regimes seien gekommen. Nach einer umfangreichen Destabilisierung des gesellschaftlichen Lebens rufen nun bewaffnete Gruppen zur Vernetzung. Ob es diese Partisanengruppen gibt und ob sie in der Lage sind, einen Guerillakrieg zu entfalten, bleibt abzuwarten.

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