AfD-Politiker unter russischer Kontrolle

Moskau setzte auf Abgeordneten Markus Frohnmaier

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Versuche russischer Einflussnahme auf deutsche Politiker, insbesondere die der AfD, reichen weiter als bisher bekannt. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Recherche von »Spiegel«, ZDF, der britischen BBC und der italienischen Tageszeitung »La Repubblica«. Demnach kursierte in der Präsidialverwaltung von Wladimir Putin vor der Bundestagswahl 2017 ein Strategiepapier über Aktivitäten, mit denen die EU-Staaten destabilisiert und Propaganda für russische Positionen verbreitet werden sollte.

Konkret wurden hochrangigen russischen Staatsbeamten Pläne für die »Organisation von Demonstrationen, Kundgebungen und anderen Protestaktionen in EU-Ländern« und ein »wirksames Voranbringen von Resolutionen in den nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union« vorgelegt, die sich gegen »antirussische Sanktionen« richten. Ziel sei »die Anerkennung der Krim als Teil der Russischen Föderation«. Auch die international umstrittenen Wahlbeobachtermissionen und Medienkampagnen zählten zu den Vorschlägen. Ziel war demnach die Förderung russischer Interessen und die »Diskreditierung« von Moskaus Kritikern.

Das Papier wurde in einer E-Mail am 3. April 2017 an einen hohen Beamten in der russischen Präsidialadministration geschickt. Als ein konkretes Projekt wird die geplante »Unterstützung« der Bundestagskandidatur des AfD-Politikers Markus Frohnmaier genannt, der schon damals mit russlandfreundlichen Positionen auffiel. Frohnmaiers Erfolgsaussichten bei der Bundestagswahl wurden in Russland als »hoch« eingeschätzt und kamen zu dem Schluss: »Er wird ein unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter im Bundestag sein.«

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Ein ehemaliger hochrangiger Nachrichtendienstmitarbeiter bewertete gegenüber »Spiegel« und ZDF die Art und den Aufbau des Strategiepapiers als plausibel, er habe ähnliche Papiere gesehen. Es passe in Russlands Strategie, die EU durch Schwächung zu spalten. Die Recherchen basieren auf Material, die das Dossier Center in London zur Verfügung gestellt hat. Die Organisation wird vom russischen Geschäftsmann und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski finanziert.

Frohnmaier weist alle Schuld von sich

In dem Strategiepapier wird auch ein »genaues Wahlkampfprogramm« für »Ende nächster Woche« angekündigt. Tatsächlich wurde wenige Tage nach dem Versand des Strategiepapiers ein eineinhalbseitiger Entwurf für einen »Aktionsplan« im Wahlkampf Frohnmaiers erstellt. Das Schreiben, das »Spiegel«, ZDF und BBC vorliegt, wurde von der BBC aus einer vom Dossier Center unabhängigen Quelle erlangt. In dem Schreiben sind zwei Großveranstaltungen für Frohnmaiers Wahlkampf angekündigt, von denen eine tatsächlich stattfand. Außerdem wird um »materielle und mediale Unterstützung« gebeten. Im Gegenzug stellt das Papier in Aussicht, Frohnmaier werde im Wahlkampf die guten Beziehungen zur Russischen Föderation betonen.

Der AfD-Politiker teilte über seinen Anwalt mit, er könne mit diesem Dokument »nichts anfangen« und wisse nicht, wer der Verfasser sei. Auch das Strategiepapier sei ihm nicht bekannt. Er habe nie »Unterstützung finanzieller oder medialer Art in Kreisen der russischen Politik, Wirtschaft oder Zivil erbeten«. Von russischer Seite sei ihm nie Unterstützung dieser Art gewährt worden.

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Markus Frohnmaier war von Mai 2015 bis Februar 2018 Vorsitzender der »Jungen Alternative«, der AfD-Jugendorganisation. Vor seinem Einzug in den Bundestag 2017 war er Pressesprecher der heutigen AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel. dpa/nd

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