Augsburg lässt den Meister verzweifeln

Beim Eishockeymeister aus München herrscht vor dem nächsten Halbfinalduell Ratlosigkeit, für Mannheim sind die Endspiele schon greifbar nah

  • Thomas Lipinski
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem zweiten Marathonmatch und insgesamt 14 Eishockeydritteln in fünf Tagen war der sieggewohnte Serienmeister eher ratlos als müde. »Für München ist es was Neues«, gab Nationalspieler Yasin Ehliz im Anschluss an das 1:2 des Titelverteidigers nach der dritten Verlängerung am Sonntagabend gegen den Außenseiter Augsburger Panther zu. In der Tat: Nach drei Spielen in einer Playoff-Serie lagen die Münchner zuletzt vor vier Jahren in Rückstand, als sie sang- und klanglos im Viertelfinale ausschieden. Danach gewannen sie zehn Serien in Folge und drei Meistertitel - und galten eigentlich als unbezwingbar in den K.o.-Runden.

Doch die Dominanz des Branchenführers bröckelt. Nach der zweiten Niederlage im dritten Halbfinale steht München am Mittwoch schon unter Druck. »Keine Panik«, forderte jedoch Trainer Don Jackson. Doch seine Spieler sind ins Grübeln geraten. »Wir können uns eigentlich nichts vorwerfen«, meinte Ehliz, »ich wüsste nicht, was wir verändern sollten.«

Das größte Münchner Problem heißt Olivier Roy. Der Augsburger Torwart wehrte am Sonntag 70 Schüsse ab. Damit übertraf sich der 27-Jährige, der die Vorsaison noch in der zweiten Liga in Crimmitschau begonnen hatte, selbst. In den ersten beiden Spielen hatte er zusammen schon 89 Paraden gezeigt. Seine Fangquote in drei Halbfinals: sensationelle 96,4 Prozent. »Wir müssen weiter schießen, schießen, schießen«, sagte Ehliz, »vielleicht lässt er irgendwann mal einen durch«.

So wie Münchens Danny aus den Birken, der nach 103 Minuten im sechstlängsten Spiel der Deutschen Eishockey Liga den Schuss von Braden Lamb passieren ließ, weil er ihn gar nicht sah. »Es war fast exakt das gleiche Tor, das Uwe Krupp schoss, als er den Stanley Cup gewann«, spielte Don Jackson auf den wichtigsten Treffer des Ex-Bundestrainers an. 1996 hatte Krupp mit einem verdeckten Schuss die Colorado Avalanche ebenfalls in der dritten Overtime gegen die Florida Panthers zum NHL-Meistertitel geführt.

Eine Frage der Kraft ist das rekordträchtige Halbfinale mit bislang sechs Verlängerungsdritteln noch nicht. »Wir sind fit«, sagte Augsburgs Trainer Mike Stewart. Torhüter Roy habe ihm gesagt: »Ich hätte noch zwei Drittel spielen können.«

Den schnellsten Weg hat dagegen Hauptrundensieger Mannheim eingeschlagen. Schon am Dienstag könnte der siebenmalige Meister mit einem weiteren Sieg in Köln ins Finale einziehen - neun Tage vor dem ersten Endspiel. »Es ist immer das schwerste Spiel, den Sack zuzumachen«, sagte Nationalspieler Matthias Plachta nach dem 4:0 im dritten Duell am Sonntagabend. Doch daran, dass die Adler erstmals seit ihrem letzten Meistertitel 2015 ins Finale fliegen, zweifelt niemand mehr. Zumal auch sie mit Dennis Endras einen überragenden Goalie haben. Der 33-Jährige hat in drei Spielen gegen Köln nur ein einziges Tor kassiert, bekam aber auch nur 56 Schüsse auf den Kasten. Sein Augsburger Kollege Roy hatte dreimal so viel Arbeit. SID/nd

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