Das 98-Prozent-Menetekel

Die DDR-Kommunalwahl im Mai 1989 war ein erstes deutliches Anzeichen dafür, dass die Macht der SED bröckelte

  • Wolfgang Hübner
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Auf den ersten Blick war alles so wie immer, als am Abend des 7. Mai 1989 im DDR-Fernsehen die Ergebnisse der Kommunalwahlen bekannt gegeben wurden: eine gigantisch hohe Wahlbeteiligung knapp unter 100 Prozent; ein ganz ähnliches Wahlergebnis für die Listen der Nationalen Front, auf denen alle Parteien und Organistionen vereint waren - selbstredend unter Führung der SED. Konkurrierende Listen gab es wie immer nicht.

Auf den zweiten Blick sah die Sache schon etwas anders aus. Denn Interessenten fiel auf, dass laut dem offiziellen Ergebnis die Zustimmungsrate in mehreren der 15 Bezirke unter 99 Prozent lag, in den Bezirken Frankfurt und Leipzig sogar unter 98 Prozent. Noch fünf Jahre zuvor hatte die Wahlkommission für alle Bezirke mindestens 99,6 Prozent Zustimmung ausgewiesen.

Die Veröffentlichung etwas niedrigerer Ergebnisse war nichts anderes als das Eingeständnis einer politischen Krise in der DDR. So absurd es aus heutiger Sicht kling...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.