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»Sofortprogramm« für ein anderes Europa

Nach der EU-Wahl will die Linke unter anderem Änderungen in der Steuer- und Umweltpolitik auf den Weg bringen. Doch ihr fehlen oft die Partner

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

María Martinez hat die Folgen der Wirtschaftskrise am eigenen Leib erfahren. Die junge Frau berichtet am Samstag im Theater im Aufbau-Haus in Berlin-Kreuzberg aus ihrer Lebensgeschichte. »Ich bin vor acht Jahren wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Spanien nach Berlin ausgewandert«, erzählt Martinez. Zunächst arbeitete sie im »Oficina Precaria« und half dort anderen Migranten beim Ausfüllen von Anträgen. Später schloss sich Martinez der spanischen Linkspartei Izquierda Unida an. Nun will sie bei den Wahlen in gut zwei Wochen in das Europaparlament einziehen.

Auch deswegen ist sie an diesem Samstag eine von vielen Gästen der deutschen Linkspartei, die zu einem Konvent nach Berlin eingeladen hat. »Wir müssen gemeinsam die Rechten bekämpfen«, ruft Martinez in den Saal. Dies gehe nur »durch die Vereinigung der Linken in Europa und die Wiederherstellung der Souveränität der Völker«. Zudem fordert die Spanierin eine neue Umverteilung von Reichtum für eine bessere Sozialpolitik und ökologische Entwicklung, das Ende prekärer Beschäftigungen und solidarische Lösungen in der EU für Migranten und Geflüchtete.

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Diese Anliegen entsprechen weitgehend dem »Manifest für ein solidarisches Europa«, das wenig später von den Spitzenkandidaten der deutschen Linkspartei für die Europawahlen, Özlem Demirel und Martin Schirdewan, auf der Bühne vorgestellt wird. So sollen unter anderem ein Spekulationsverbot mit Immobilien und ein einheitlicher Mindeststandard für Unternehmenssteuern auf den Weg gebracht werden. Zudem verlangt die Linkspartei, die 20 schmutzigsten europäischen Kohlekraftwerke noch bis zum Jahr 2020 abzuschalten, ein Verbot von Waffen- und Rüstungsexporten zuerst in Krisen- und Kriegsgebiete sowie ein ziviles Seenotrettungsprogramm der EU für Menschen auf der Flucht.

Es handele sich dabei um ein »Sofortprogramm«, erklären die Spitzenkandidaten, also um die ersten Initiativen, die von der neu gewählten Fraktion im Europaparlament in Angriff genommen werden sollen. Mehr als fraglich ist aber, ob die Linken in der EU genügend Partner für eine Umsetzung finden werden. Aus Umfragen des vergangenen Monats geht hervor, dass die rechten Fraktionen im Europaparlament mit Zugewinnen rechnen können. Zudem wird die konservative Europäische Volkspartei, der auch CDU und CSU angehören, trotz Verlusten vermutlich erneut stärkste Kraft. Die Linken können laut einer Erhebung vom 18. April mit 6,1 Prozent der Stimmen rechnen.

Immerhin haben die Linken aber zahlreiche Partner in der Zivilgesellschaft. Auf dem Berliner Konvent treten unter anderen Ruben Neugebauer und Orry Mittenmayer auf. Neugebauer hat die Initiative zur Rettung von Geflüchteten auf dem Mittelmeer, Sea-Watch, mit aufgebaut. Mittenmayer war Initiator des ersten Betriebsrats beim Essenslieferdienst Deliveroo und Mitbegründer der branchenübergreifenden Vernetzungsplattform »Liefern am Limit«.

Im Publikum sitzt nahezu die gesamte Führungsriege der LINKEN. Es fehlt Sahra Wagenknecht, die im Herbst nicht erneut für den Vorsitz der Linksfraktion im Bundestag kandidieren wird. Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch erhebt sich kurz, als Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler auf der Bühne seinem Genossen im Publikum dafür dankt, dass er gekommen ist. Dann lobt Schindler noch kurz die Arbeit der LINKEN im Bundestag und die Rolle, die Bartsch dort als Fraktionsvorsitzender spielt. Wagenknecht wird mit keinem Wort erwähnt.

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