»Die Polizei hat in Clubs nichts zu suchen«

Nach der Antwort auf eine Kleine Anfrage übt LINKEN-Politikerin Caren Lay Kritik an einer Razzia im Club »Mensch Meier«

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 4 Min.

Ende März stürmten Polizei- und Zollkräfte den linken Club »Mensch Meier« in Berlin. Sie haben eine Kleine Anfrage gestellt und eine Antwort der Bundesregierung erhalten. Was kam dabei raus?

Aus meiner Sicht sind zwei Dinge entscheidend. Die Razzia wurde angeordnet, obwohl klar war, dass an dem Abend eine Veranstaltung zum Thema zivile Seenotrettung geplant war. Diese musste wegen des Einsatzes ausfallen. Der zweite, entscheidende Punkt ist aber, dass für die Türsteher zunächst nicht erkennbar war, dass es sich um eine Polizeikontrolle beziehungsweise eine Zollrazzia handelte. Die Anfrage bestätigt, dass die Zollbeamten in Zivil und ohne Armbinden auf die Tür des »Mensch Meiers« zukamen. Dies bestätigt die Darstellung der Clubbetreiber.

Caren Lay
Caren Lay ist Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei DIE LINKE. Niklas Franzen sprach mit Lay über eine kürzlich gestellte Kleine Anfrage zum Polizeieinsatz im Berliner Club "Mensch Meier" und die Bedeutung von Partys für linke Politik. 

Aber was ist denn das Problem damit, dass Zollkräfte in Zivil auftreten? Das dürfen die doch, oder?

Ja, aber an der Tür des Clubs hat man einen Nazi-Angriff befürchtet. Diese Darstellung ist jetzt glaubwürdiger als die Aussagen der Polizei, die erklärte, dass es vom ersten Moment klar war, dass es sich um eine normale Zollkontrolle handelte. Kontrollen von sogenannter »Schwarzarbeit«, also nicht sozialversicherten Beschäftigungsverhältnissen oder auf Einhaltung von Mindestlöhnen, sind aus linker Sicht legitim. Aber der Zeitpunkt und die Art und Weise der Razzia wirft natürlich einige Fragen auf. Aus der Antwort auf die Anfrage geht hervor, dass der anonyme Hinweis schon vor über einem Jahr einging. Warum die Kontrolle ein Jahr später, genau an diesem Abend? Mir kommt das alles sehr merkwürdig vor.

Lesen Sie auch den Hintergrundtext über die Razzia: Knarren im Club

In der Antwort der Bundesregierung heißt es auch, dass einem reibungslosen Ablauf der geplanten Podiumsveranstaltung nichts im Weg gestanden hätte, wäre es nicht zu einem Angriff auf Polizei- und Zivilkräfte gekommen. Wie sehen Sie das?

Was genau an der Tür passiert ist, wird am Ende das Gericht entscheiden. Auf den ersten Blick war es offenbar aber nicht deutlich, dass es sich um Einsatzkräfte im offiziellen Einsatz handelte. Wäre dies für die Türsteher erkennbar gewesen, hätte wahrscheinlich auch eine Eskalation vermieden werden können.

Was fordern Sie nun?

Der Vorgang muss weiter aufgeklärt werden. Ich kämpfe gegen die Bedrohung der Club- und Festivalkultur. Die Polizei hat in Clubs nichts zu suchen.

Sie vermuten einen politischen Hintergrund hinter der Razzia?

Der Einsatz findet zum Zeitpunkt eines Klimas statt, in dem die AfD die Schließung des Berghains fordert, CDU und FDP in Berlin stärkere Kontrollen von Clubs und Türstehern will und über einen Großeinsatz der Polizei auf dem linken Fusion Festival diskutiert wird. Der Rechtsruck richtet sich auch gegen Clubs, Festivals und eine Kultur in der Freiheit und Gleichheit gelebt und gefeiert werden. In diesem Kontext zeugt es daher zumindest nicht von Fingerspitzengefühl, die Zollkontrolle mit einer Polizeihundertschaft am Abend einer politischen Veranstaltung zur Seenotrettung durchzuführen.

Warum braucht es überhaupt Orte wie das »Mensch Meier« oder die Fusion?

Es sind wichtige Freiräume linker Kultur, Orte in denen ohne Diskriminierung gefeiert werden kann. Sie stehen auch für einen lebensbejahenden, fröhlichen linken Politikansatz, das gefällt mir. Was oft unterschätzt wird: Linke Clubs oder die Fusion sind Orte, in denen sich viele junge Leute politisieren. Dort wird eine Kultur gelebt, die sich gegen Nazis, Repression und Diskriminierung richtet und in der der Traum von einer Welt der Freien und Gleichen für ein paar Tage Wirklichkeit wird. Diese Freiräume sind nun durch Repression bedroht - das darf nicht sein.

Was ist ihre persönliche Beziehung zu dieser Szene?

Ich war viele Jahre selbst auf der Fusion, Teil der Szene und fühle mich ihr immer noch sehr verbunden.

Fahren Sie in diesem Jahr auf die Fusion?

Ja, dieses Jahr geht es wieder auf die Fusion - jetzt erst recht.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal