Eine Frage der Formulierung

Westthüringen: CDU-Leute gaben Ausschusssitze an AfD und LINKE ab

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als 77 Prozent der Stimmen entfielen bei der Kommunalwahl am 26. Mai in Geisa in der Rhön auf die CDU. Zum Vergleich: Die LINKE kam in der 5000-Einwohner-Stadt im Westen Thüringens auf 8,6, die AfD auf 14,2 Prozent.

Den Christdemokraten stehen damit alle Sitze in den Ausschüssen des Stadtrates zu. Doch sie haben vergangene Woche auf einige davon verzichtet - und damit eine Debatte ausgelöst, die weit über die Region hinausreicht. Denn sie stellen damit zumindest aus Sicht der Thüringer Linken ein Versprechen infrage, das die CDU in den vergangenen Monaten immer und immer wieder bekräftigt hatte: keine Kooperation zwischen CDU und AfD, auf keiner Ebene.

In Geisa hat die CDU für die Besetzung einiger Posten im Haupt-, im Bau-, im Kultur- und im Ordnungsausschuss einen Mandatsträger der LINKEN und zwei der AfD vorgeschlagen. Diese haben das Angebot teilweise bzw. komplett angenommen. Sowohl in der Beschlussvorlage der CDU-Stadtratsfraktion zu dieser Entscheidung als auch in einer wenig später veröffentlichten Pressemitteilung dazu heißt es, man verzichte »im Sinne einer harmonischen und konstruktiven Zusammenarbeit« auf die Sitze.

Vielleicht sorgt gerade diese Formulierung für Unmut. Die LINKE-Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss und Anja Müller jedenfalls kritisierten unmittelbar nach Bekanntwerden des Postenverzichts, damit werde auf kommunaler Ebene das Versprechen der Landes-CDU gegenüber dem eigenen Bundesverband und den Wählern gebrochen, »mit der extrem rechten AfD in Thüringen nicht zusammenzuarbeiten«. Der Beschluss von Geisa lasse »nichts Gutes« für die Landtagswahl Ende Oktober ahnen, sagte Müller, die selbst in der Rhön lebt. König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus in der Erfurter Fraktion, ergänzte, dieser mutmaßliche Tabubruch sei skandalös, da die Thüringer AfD unter besonders völkisch und rassistisch sei.

Der Thüringer CDU-Generalsekretär Raymond Walk wies die Vorwürfe scharf zurück. Sein Argument: Dass die CDU zwei anderen Parteien Posten in Gremien überlassen habe, könne man keinesfalls als Zusammenarbeit verstehen. So etwas beginne erst beim Schmieden von Koalitionen. Für Walk nannte es gar eine »abstruse These, aus Gremienbesetzungen im Stadtrat eine Zusammenarbeit zwischen der CDU und AfD zu konstruieren«. Zwar sei es erfreulich, dass die Wähler in Geisa Linke und AfD zusammen nicht einmal ein Viertel der Stimmen gegeben hätten. Es könne aber »nicht im Sinne der Demokratie sein, dass die beiden Oppositionskräfte damit komplett an den Rand gedrängt und von der Mitwirkung in den Ausschüssen restlos ausgeschlossen werden«, sagt Walk. Sowohl für die kommunale Ebene als auch für das Land sei die Politik der CDU »absolut eindeutig«: »Wir grenzen uns von der AfD und der LINKEN klar ab, wir grenzen aber beide auch nicht aus.«

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