Syriza ist abgewählt

Konservative Nea Dimokratia erreicht laut Prognosen rund 40 Prozent der Stimmen / Bisher regierende Linkspartei kommt auf etwa 31 Prozent

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Athen. Regierungswechsel in Athen: Bei der ersten Parlamentswahl in Griechenland seit Abwendung des Staatsbankrotts hat die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) klar gewonnen. Die Partei von Kyriakos Mitsotakis erzielte am Sonntagabend nach Auszählung der meisten Stimmen knapp 40 Prozent und kommt aufgrund des griechischen Wahlrechts auf eine absolute Parlamentsmehrheit. Ministerpräsident Alexis Tsipras wurde abgewählt: Seine linksgerichtete Syriza-Partei kam auf rund 31,5 Prozent. Interessant: Im Vergleich zur letzten Parlamentswahl im September 2015 verlor Syriza nur knapp vier Prozentpunkte.

Tsipras gratulierte seinem Rivalen noch am Wahlabend. Mitsotakis kündigte an, er wolle sein Land wieder »stolz« machen. »Ein schmerzlicher Kreislauf wurde heute beendet«, sagte der Sohn des früheren Ministerpräsidenten Konstantinos Mitsotakis. Griechenland werde »sein Haupt wieder stolz erheben«. Der 51-Jährige versprach seinen Landsleuten »Jobs, Sicherheit und Wachstum«. Mitsotakis soll am Montag als neuer Regierungschef vereidigt werden.

Das griechische Wahlrecht räumt der Partei, die als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgeht, 50 zusätzliche Mandate ein. Die ND kommt deswegen laut Hochrechnungen auf 158 Abgeordnete in dem 300-köpfigen Parlament. Die Syriza-Partei lag bei 86 Sitzen, bislang hatte sie 144.

Die genaue Sitzverteilung hing maßgeblich davon ab, ob mehreren kleinen Parteien der Einzug ins Parlament gelang. Es gilt eine Drei-Prozent-Hürde. Gute Chancen auf eine erstmalige Vertretung im Parlament in Athen hatten die nationalistische und pro-russische Partei Griechische Lösung und die neue Partei des ehemaligen Finanzministers Yanis Varoufakis.

Drittstärkste Kraft wurde den Hochrechnungen zufolge die aus der sozialistischen Pasok-Partei hervorgegangene Kinal mit 22 Sitzen vor den Kommunisten mit 15 Sitzen. Die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte wird voraussichtlich erstmals seit 2012 nicht mehr im Parlament vertreten sein. Im scheidenden Parlament stellt sie 16 Abgeordnete.

Beobachter führten die Niederlage des linken Regierungschefs Alexis Tsipras und seiner Partei Syriza auf die harten Kürzungsmaßnahmen der vergangenen Jahre zurück, die hauptsächlich die Mittelklasse getroffen haben. Ein großer Teil des Mittelstands, der in Griechenland traditionell über den Ausgang der Wahlen entscheidet, hat demnach der Syriza den Rücken gekehrt und auf die Konservativen gesetzt. Auch viele Rentner wandten sich von der linken Partei ab, nachdem Tsipras mehrere Rentenkürzungen durchgeführt hatte. Zudem konnte die Nea Dimokratia bereits bei den Europawahlen im Mai stark bei jungen Wählern punkten. Viele Maßnahmen beschloss die Tsipras-Regierung allerdings nicht gerade freiwillig, sondern unter anderem auf Druck von EU und des Internationalen Währungsfonds, um im Gegenzug Milliardenkredite zu bekommen.

Die regierende Syriza war bereits bei der Europawahl Ende Mai von den Wählern abgestraft worden. Ministerpräsident Tsipras hatte die für Oktober angesetzten Parlamentswahlen daraufhin vorziehen lassen. Der Finanz- und Schuldenmisere zum Trotz hatte sich der heute 44-jährige Syriza-Chef vier Jahre an der Regierung gehalten.

Im August 2018 verließ Griechenland schließlich den Euro-Rettungsschirm. Die Arbeitslosigkeit ist in Tsipras' Regierungszeit von 26 auf 18 Prozent gefallen. Mit fast 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist die griechische Gesamtverschuldung aber weiterhin bei weitem die höchste in der Eurozone. Agenturen/nd

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