• Berlin
  • Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

Hausmeister bleibt gekündigt

Gericht: Entlassung des Rechtsextremisten aus Bundeswehr ist gerechtfertigt

  • Anne Beyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt nur wenige öffentliche Veranstaltungen, die den Nationalsozialismus mehr verherrlichen als der jährlich um den 17. August stattfindende Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Spandau. Dort, wo bis 1987 das Kriegsverbrechergefängnis stand, in dem Hitlers Stellvertreter bis zu seinem Suizid einsaß, marschieren dann Hunderte Neonazis.

Weil Roland S. Verbindungen zu dieser Szene hatte und auch an dem Neonazi-Marsch selbst teilgenommen hatte, kündigte das Verteidigungsministerium dem Bundeswehr-Hausmeister Ende 2018 außerordentlich und fristlos. Ordentlich kündbar war der 62-Jährige zu diesem Zeitpunkt aufgrund seines jahrelangen Dienstverhältnisses nicht mehr. 1983 war er als Heizer in die Nationale Volksarmee (NVA) eingetreten. Nach der Wende war sein Dienstverhältnis dann in die Bundeswehr übergegangen. Zuletzt war er in der Spandauer General-Steinhoff-Kaserne als Hausmeister tätig gewesen. Da S. gegen seine Entlassung klagte, verhandelte das Berliner Arbeitsgericht am Mittwochmorgen über die Sache.

Die Entlassung selbst soll dabei wie folgt abgelaufen sein: Im September 2018 war S. vom militärischen Abschirmdienst (MAD) vorgeladen und befragt worden. Der Militärnachrichtendienst MAD ist für die Überwachung von Extremisten in der Bundeswehr zuständig. Am 27. November 2018 folgte ein Schreiben des MAD an die Personalabteilung der Bundeswehr. Darin hieß es, der Mitarbeiter S. sei für den Dienst bei der Bundeswehr aufgrund seiner Verbindungen zur rechtsextremen Szene nicht geeignet. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in der Kameradschaft Märkisch-Oder-Barnim, die schon seit langem vom Verfassungsschutz beobachtet wird, vorgeworfen. »Die Kameradschaft will explizit einen anderen, einen nationalsozialistischen Staat«, begründete der Richter dies am Mittwoch vor Gericht. Mitgliedsbeiträge an die Kameradschaft habe S. freiwillig bezahlt, darüber hinaus habe er als älteres Mitglied häufig als Schlichter fungiert. Seine rechtsextreme Gesinnung habe er dennoch wenig nach außen getragen, so das Gericht, dies gelte auch für seine Dienstzeit in der Kaserne. Öffentlich aufgetreten sei S. dahingegen neben dem genannten Rudolf-Heß-Marsch auch im Jahr 2015 bei einer Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik in Strausberg. Auch in den sozialen Medien teilte er Seiten aus dem rechten Spektrum, wie der Richter erklärte. Schließlich war S. nach Anhörung am 13. Dezember 2018 vor der Personalabteilung der Bundeswehr personenbedingt entlassen worden.

Die Entlassung des Manns wegen Verbindungen zur rechtsextremen Szene ist nach der Berliner Gerichtsentscheidung »grundsätzlich gerechtfertigt«. Das Gericht legte am Mittwoch aber eine Auslauffrist der Beschäftigung bis Ende September fest, wie eine Sprecherin mitteilte.

Dabei ist S. nicht der einzige Rechtsextremist gegen den in diesem Jahr vor dem Berliner Arbeitsgericht verhandelt wird. Im Januar war die Klage des selbst ernannte »Volkslehrers« Nikolai N. gegen seine Entlassung aus dem Schuldienst vor Gericht gescheitert. Ein weiterer Fall werde derzeit bearbeitet, teilte der Richter am Mittwoch mit. Nach Angaben des MAD werden zwei Promille der Soldat*innen und zivilen Mitarbeitenden der Bundeswehr des Extremismus verdächtigt. Unter 250 000 Mitarbeitenden werden demnach aktuell rund 500 sogenannte Verdachtsfälle bearbeitet.

Die Vorbereitungen für die antifaschistischen Proteste gegen den diesjährigen Heß-Marsch haben indes bereits begonnen. Am 22. Juli lädt das Lichtenberger Kulturzentrum WB 13 (Am Berl 13) dafür um 19 Uhr in die eigenen Räumlichkeiten ein. Das Berliner Bündnis gegen Rechts will drei Tage später, am 25. Juli, zur Prozessbegleitung am Amtsgericht Tiergarten mobilisieren. Um 12 Uhr wird dort gegen eine Person verhandelt, die sich im vergangenen Jahr an den Gegenprotesten beteiligt hatte.

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