Rot-Grün-Rot macht die Musik

In Bremen regieren die nächsten vier Jahre SPD, Grüne und LINKE

Linksparteichefin Katja Kipping schickte am Donnerstag Grüße an die Weser. »In Bremen nimmt heute die neue Landesregierung ihre Arbeit auf. Die LINKE Bremen hat sich hier für ein vielversprechendes Projekt stark gemacht, dem ich von ganzem Herzen die nötige Energie und Stärke wünsche, um ihren guten Koalitionsvertrag umzusetzen«, schrieb sie den Genossen. Der Anlass: Das Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei hat mit der Wahl des Regierungschefs und der Senatoren seine Arbeit aufgenommen. An der Spitze des Stadtstaats wird künftig Andreas Bovenschulte (SPD) stehen, der in der Bürgerschaft zum neuen Bürgermeister gewählt wurde. 47 Abgeordnete stimmten für, 35 gegen ihn.

Von Bovenschulte und den übrigen acht Senatoren - drei weitere Sozialdemokraten, drei Grüne und zwei LINKE - wird einiges erwartet. Nicht nur die Bremer und Bremerhavener, sondern auch Politiker der drei Parteien werden die Entwicklungen in dem schuldengeplagten Land genau beobachten. Zumal zuletzt die Diskussion um Rot-Rot-Grün auf Bundesebene wieder Fahrt aufgenommen hat. Zwar hängt Bovenschulte selbst die Bedeutung des Bündnisses mindestens eine Etage tiefer und erklärte mehrfach, er sehe die rot-grün-rote Koalition nicht unbedingt als Modell für den Bund. Er wird allerdings damit kaum verhindern können, dass das erste derartige Dreierbündnis in Westdeutschland in der Debatte um neue politische Konstellationen als Vorbild gesehen wird - im Guten wie im Schlechten.

Für SPD-Landeschefin Sascha Aulepp wird mit der Koalition ein »neues Kapitel« in der Bremer Geschichte aufgeschlagen. Die SPD wolle »verlorenes Vertrauen« bei den Bürgern zurückzugewinnen. Die Parteien wollten ihre parlamentarische Mehrheit auch nutzen, »die gesellschaftliche Mehrheit hinter sich zu bringen«, erklärte sie in der Aussprache vor der Wahl.

Um das zu bewerkstelligen, ist sich Katja Kipping sicher, werde sich die Bremer Linkspartei »jeden Tag dafür einsetzen, damit sich das Leben der Bremerinnen und Bremer ganz konkret verbessert«. Für Rentnerinnen und Rentner mache es einen Unterschied, ob es ärztliche Versorgung in ihrer Nähe gebe, für die alleinerziehende Mutter, ob sie bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt Unterstützung finde, und für die Mehrheit der Bremerinnen und Bremer, ob es bezahlbaren Wohnraum gebe oder nicht, so Kipping. Mit solchen Projekten werde die neue Landesregierung »einen Politikwechsel einleiten, von dem alle profitieren«. Für Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, heißt es nun »volle Kraft voraus für bessere Bildung, mehr sozialen Wohnungsbau und eine entschlossene Klimapolitik«. Mitte-Links mache den Unterschied.

Den Beweis, dass es ihnen mit ihren Versprechen ernst ist, müssen die neuen Partner in Bremen in den nächsten Jahren liefern.

CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp kritisierte am Donnerstag, die neue Koalition werde dem Wunsch der Wähler nach einem inhaltlichen und personellen Neuanfang in der Bremer Politik nicht gerecht. Das ist nicht verwunderlich, denn die CDU hätte selbst gern eine Regierung mit FDP und Grünen angeführt. Doch gilt es etwa für LINKE auch, parteiinternen Kritikern, die die Koalition unter den Bedingungen einer Schuldenbremse ablehnen, Erfolge der Regierungsbeteiligung präsentieren zu können.

Auch Karl Lauterbach, der zusammen mit Nina Scheer ein Kandidatenduo für den SPD-Parteivorsitz bildet und ein Befürworter von Rot-Rot-Grün im Bund ist, blickt nach Bremen. Dort zeige sich, dass sich im Umgang mit der Linkspartei nicht nur »eine Normalität« eingestellt habe, »die so ist, dass Verhandlungen durchaus geführt werden können«. In der Hansestadt habe man jetzt nicht nur Verhandlungen gesehen, sondern ein sehr gutes Ergebnis, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal