»Verschwindet hier«: Neonazis demonstrieren in Antifa-Hochburg Portland

Extrem rechten Aktivisten erhielten im Zuge ihrer Demonstration Twitter-Unterstützung durch Donald Trump

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 5 Min.

In der US-Stadt Portland sind eine Demonstration der rechtsradikalen »Proud Boys« und eine linke Gegenkundgebung ohne die im Vorfeld befürchteten Krawalle zu Ende gegangen. Die Polizei war weitgehend erfolgreich mit ihrer Strategie der räumlichen Trennung beider Gruppen. Nur vereinzelt standen sich rechte Aktivisten und Antifaschisten direkt gegenüber.

Eine Parole Letzterer: »Verschwindet hier«. Einzelne rechte Protestler wurden dabei von Antifaschisten bedrängt. Im Anschluss an die Demonstrationen am Samstag in der mehrheitlich linken Stadt im Bundesstaat Oregon lieferten sich Teilnehmer beider Seiten nach Angaben von Augenzeugen lediglich kleinere Auseinandersetzungen, etwa als ein Bus mit rechten Aktivisten bei der Abfahrt attackiert wurde. Die Polizei, die mehr als 700 Beamte aufgeboten hatte, sprach von mindestens 13 Festnahmen.

Nach Polizeiangaben beteiligten sich etwa 1200 Gegendemonstranten am Protest, es gab eine Gruppe von Musikanten, die als Bananen verkleidet waren. In rot liefen Mitglieder der Democratic Socialists of America auf. Auch einen mit schwarzen Helmen ausgestatteten Black Block militanter Antifaschisten gab es.

Präsident Donald Trump hatte zuvor über den Kurzbotschaftendienst Twitter erklärt, dass er die Lage in Portland »sehr sorgfältig« verfolgen werde. Er hatte auch erklärt, prüfen zu wollen, die »Antifa« als terroristische Organisation einstufen zu lassen. Portlands Bürgermeister Ted Wheeler erklärte gegenüber CNN die Tweets des US-Präsidenten seien »nicht hilfreich«. Er selbst wurde von antifaschistischen Gruppen in der Stadt dafür, kritisiert nicht zum direkten Protest aufgerufen zu haben. Der Demokrat hatte stattdessen Tage vorher mit einem Bündnis aus 50 Gruppen, darunter auch Gewerkschaften, eine Protestkundgebung organisiert und erklärt, »White Supremacy ist hier nicht willkommen«.

Im Vorfeld hatten einzelne extrem Rechte wie Joe Biggs - »Proud Boy«-Mitglied und ehemaliger Reporter des rechten Verschwörungstheorieportals Infowars - im Internet unverhohlen zu Gewalt gegen Antifaschisten aufgerufen. Er posierte online unter anderem mit einem T-Shirt mit dem Slogan »Tod der Antifa« und einem weiteren mit der Aufschrift »Training im Kommunisten aus Helikoptern werfen«. Das ist eine bei extrem rechten Aktivisten beliebte Anspielung auf eine Methode des chilenischen Diktators Pinochet, der so politische Gegner exekutierte. Später schrieb Biggs dann: »Kauft euch eine Pistole, kauft Munition, trainiert, seid bereit!«

In den Tagen nach dem »El Paso«-Massaker hatten daraufhin FBI-Agenten Biggs in seinem Haus in Florida besucht. Daraufhin erklärte der rechte Aktivist: »Leute, fahrt die Rhetorik runter«. In Portland hatte die lokale Polizei vor wenigen Tagen sechs führende Aktivisten der rechten Gruppe »Patriot Prayer« wegen eines Angriffes auf eine linke Bar verhaftet. Eine andere rechte Gruppe namens Oathkeepers erklärte, nicht an der Demonstration teilnehmen zu wollen.

Biggs zeigte sich auf der Demonstration zufrieden damit, dass Trump zum Thema Antifa getwittert habe. Das sei es, was die Gruppe wolle. Es gehe um Medienaufmerksamkeit. Auf ihrer eher kurzen Demonstration skandierten die rund 300 rechten Aktivisten ihre Unterstützung für Donald Trump: »Vier weitere Jahre, vier weitere Jahre«. Viele von ihnen trugen Fred Perry Poloshirts, rote »Make America Great Again«-Baseballcaps und waren vermummt.

Schon in der Vergangenheit hat der Trump-Vertraute und Berater Roger Stone in Florida die Aktivisten der »Proud Boys« als Sicherheitsdienst für sich eingesetzt. Die rechten Aktivisten sind mittlerweile akzeptierter Teil der Trump-Kampagne. Die sei sich sehr bewusst, dass »Proud Boys« in organisierter Form an Trump-Kundgebungen teilnehmen würden, doch es sei ihnen egal beziehungsweise ihre Anwesenheit werde stillschweigend geduldet, erklärte ein damit unzufriedener Trump-Mitarbeiter schon Ende Juni dem »New York Times«-Reporter Trip Gabriel. Ein weiteres Indiz zur engen Verquickung zwischen rechten Aktivisten und der Trump-Kampagne: Deren Direktor für die Mobilisierung von Latinos, Enrique Tarrio, ist ebenfalls Präsident der Miami-Ortsgruppe der »Proud Boys«.

Die »Proud Boys« wollen auch in Zukunft wieder nach Portland kommen und so lange weiterdemonstrieren, bis die Stadt »gegen die Antifa vorgeht«. Die Organisatoren des Gegenprotests erklärten, sie seien bereit für weitere antifaschistische Proteste. »Wir haben sehr verschiedene Gruppen zusammengebracht und wenn die 'Proud Boys' wiederkommen, werden wir noch mehr sein«, erklärte Effie Baum, Aktivist des Zusammenschlusses Popular Mobilization.

»Wir werden es nicht erlauben, das Rechtsextreme Portland zu ihrem Spielplatz machen und werden nicht davor zurückschrecken, uns und die Stadt zu verteidigen«, erklärte die Rose City Antifa im Vorfeld der Proteste. Die 2007 gegründete militante Gruppe gilt als eine der größten und am längsten existierenden Antifa-Gruppen in den USA. Die militante Rechte um die »Proud Boys« und andere rechte Gruppen hatte, ermutigt durch die Trump-Präsidentschaft, in den letzten zwei Jahren wiederholt in relativ linken Städten wie Berkeley und Portland demonstriert, weil die Szene dort auch auf militante Gegenwehr stößt. So soll der Öffentlichkeit die vermeintliche Gewalttätigkeit der »Antifa« demonstriert werden. Gleichzeitig sind gewalttätige Auseinandersetzungen wichtig für die Opferinszenierung der rechten Aktivisten.

»Es gibt mal mehr und mal weniger Neonazi-Aktivitäten. Es ist ein Kampf, den wir schon seit Jahrzehnten kämpfen und den wir noch viele Jahrzehnte kämpfen werden«, erklärte ein Sprecher der Rose City Antifa gegenüber dem Nachrichtenportal OregonLive. Tatsächlich scheint die Strategie der rechten Aktivisten, die als eine Art Bestrafung Millionenkosten für Polizeieinsätze für Portland generieren wollen, nur bedingt erfolgreich zu sein. Im Vergleich zur letzten rechten Demonstration ging die Teilnehmerzahl zurück.

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