nd-aktuell.de / 21.08.2019 / Ratgeber / Seite 18

Die Reformpläne zur Notfallversorgung

Fragen & Antworten

Warum soll die Notfallversorgung reformiert werden?

Die Notaufnahmen der Kliniken sind häufig überlaufen - auch von Patienten, die dort nicht hingehörten, wie der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Uwe Janssens, sagt. Grippe, Schnittverletzungen und andere eher banale Erkrankungen seien hier nicht selten. Dadurch sind die Wartezeiten für Patienten, die dringend auf eine Behandlung angewiesen sind, häufig in den Notfallambulanzen zu lang. Rund elf Millionen ambulante Notfälle verzeichnen die Krankenhäuser pro Jahr - Tendenz steigend. Häufig könnte Patienten etwa durch den Bereitschaftsdienst besser geholfen werden.

Sollen die Patienten auch künftig den Notruf 112 wählen können?

Das schon. Aber heute sei festzustellen, »dass vielfach ein Transport in ein Krankenhaus stattfindet, auch wenn im Einzelfall eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist«, heißt es in dem Gesetzentwurf. Künftig sollen die Rettungsstellen und die Stellen hinter der Nummer der Kassenärzte, der 116 117, daher gemeinsam als Gemeinsame Notfallleitstelle fungieren. Patienten sollen dann verstärkt auch zu einem ärztlichen Bereitschaftsdienst oder einer normalen Arztpraxis gelotst werden.

Was soll die Patienten bei den Notfallleitstellen künftig erwarten?

Ein standardisiertes, softwaregestütztes Verfahren, mit dem der Bedarf der Hilfesuchenden ermittelt werden soll. Dabei können etwa einheitliche Fragebögen genutzt werden, mit denen medizinisches Fachpersonal einschätzt, ob jemand sofort behandelt werden muss, einen Hausbesuch braucht oder ob ein Arzttermin etwa am folgenden Montag ausreicht. Auch könnten Ärzte zugeschaltet werden - etwa auch auf telemedizinischem Weg. Wie bisher bereits mit der 116 117 geplant, sollen hier künftig auch Termine von Haus- und Fachärzten vermittelt werden.

Was ist im Krankenhaus geplant?

Die Schaffung neuer Integrierter Notfallzentren. Sie sollen von den Patienten als erste Anlaufstelle wahrgenommen werden. Wer direkt in die Klinik geht, soll hier im Notfall schnell versorgt werden. Patienten sollen von dort aus direkt im Krankenhaus aufgenommen oder auch zu ambulanten Ärzten vermittelt werden. Patienten, die in ein Notfallzentrum gehen, sollen dort nicht mehr generell behandelt, sondern sie sollen stärker gesteuert werden. Betrieben werden sollen diese Zentren künftig gemeinsam von den Kliniken und den Kassenärztlichen Vereinigungen, die bereits heute schon für die Arztbereitschaft jenseits der Krankenhäuser verantwortlich sind.

Was ist beim Rettungsdienst noch vorgesehen?

Die Versorgung am Unfallort und die Rettungsfahrt sollen als einzelne Leistungen der Krankenkassen finanziert werden. Wegfallen soll die bisherige Regel, dass die Krankenkassen Einsätze nur dann bezahlen, wenn der Transport in die Klinik geht.

Warum ist die konkrete Umsetzung der Reformpläne noch ungewiss?

Vor allem deshalb, weil viele bisherige Zuständigkeiten und Strukturen umgekrempelt werden sollen. So wird eine Grundgesetzänderung erwogen, damit nicht mehr die Länder alleine für den Rettungsdienst zuständig sind. Die Länder sollen aber mehr Rechte und Pflichten bekommen. Sie sollen statt wie bisher die Kassenärztlichen Vereinigungen für die Sicherstellung der Patientenversorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuständig sein und die Standorte der entsprechenden Notfallzentren festlegen. Keine genaue Angaben gibt es darüber, ab wann das Gesetz gilt und bis wann die geplante neue Struktur umgesetzt ist.

Wie sind die Reaktionen auf die Reformpläne?

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßt, dass die Notfallversorgung im Kern in den Kliniken organisiert werden soll. Die Kliniken wiederum wollen dies aber nicht mit gemeinsamen Betrieben mit den Kassenärztlichen Vereinigungen tun. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, verweist darauf, dass derzeit »mit großen Anstrengungen« die 116 117 zu einer umfassenden Nummer ausgebaut werde und die Kassenärztlichen Vereinigungen bereits über 600 Bereitschaftsdienst- oder Portalpraxen betreiben. Diese Strukturen gelte es sinnvoll zu integrieren, so Gassen. Denn mehr Ärzte gäbe es auch durch die neuen Strukturen nicht. dpa/nd