LINKE streitet über Konsequenzen aus Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg

Fraktionschefin: Linkspartei hat sich von ihren früheren Wählern »entfremdet« / Bartsch wendet sich gegen »ganz schnelle Schlussfolgerungen«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Linksfraktionschefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht, gibt ihrer Partei eine Mitschuld an den starken Wahlergebnissen der AfD in Sachsen und Brandenburg. »Wir waren über viele Jahre die Stimme der Unzufriedenen«, sagte Wagenknecht dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Indem wir uns von unseren früheren Wählern entfremdet haben, haben wir es der AfD leicht gemacht. Insofern sind wir für ihren Erfolg mitverantwortlich.« Sie fügte hinzu: »Die wachsende Distanz zu dieser Lebenswelt zeigt sich auch in unserem Umgang mit AfD-Wählern, die gern pauschal als Rassisten beschimpft werden, obwohl viele von ihnen früher links gewählt haben.«

Die Linkspartei müsse klären, für wen sie in erster Linie Politik machen wolle. »Für die gut ausgebildete, gehobene Mittelschicht in den Metropolen oder für diejenigen, die um ihr bisschen Wohlstand immer härter kämpfen müssen? Wenn wir Menschen jenseits des hippen Großstadtmilieus erreichen wollen, müssen wir ihre Sicht der Dinge ernst nehmen, statt sie zu belehren, wie sie zu reden und zu denken haben«, erklärte Wagenknecht, die nur noch bis zur Neubesetzung ihrer Funktion amtiert. Die LINKE selbst hatte bei den Wahlen herbe Verluste erlitten.

Die Fraktionschefin mahnte auch beim Klimaschutz Augenmaß bei ihrer Partei an. »Wenn Teile der LINKEN die CO2-Steuer befürworten, die Pendler und die Mittelschicht außerhalb der Großstädte hart treffen würde, müssen wir uns nicht wundern, dass sich viele abwenden.«

Auch LINKEN-Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht eine Mitverantwortung seiner Partei für die Wahlerfolge der AfD in Sachsen und Brandenburg. »Es ist immer eine Niederlage für eine linke Partei, wenn die Rechte so stark wird«, sagte Bartsch der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag in Berlin. »Das muss man nüchtern konstatieren.«

Er wende sich aber gegen »ganz schnelle Schlussfolgerungen«, sagte der Vorsitzende der LINKEN-Bundestagsfraktion weiter. »Wir brauchen eine grundsätzliche Debatte über die strategische Ausrichtung der Partei und müssen dafür in Partei und Gesellschaft mehr zuhören.«

Im ARD-»Morgenmagazin« sagte Bartsch mit Blick auf die Verluste seiner Partei in Brandenburg und Sachsen, viele Menschen betrachteten die LINKE »als zu etabliert«. Das habe auch damit zu tun, dass die LINKE in drei Ländern Regierungsverantwortung trage. Zur strategischen Ausrichtung sagte er: »Die soziale Frage ist die Kernfrage. Wir müssen sie mit der ökologischen ganz anders verbinden.«

Das will LINKE-Geschäftsführer Jörg Schindler tun, in dem sich die Partei noch stärker um die ländlichen Räume kümmert. »Wir werden rebellisch und kreativ die Auseinandersetzung um jedes Krankenhaus und jede Schule in jedem Ort führen«, sagte der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Außerdem wolle sich die Partei »dafür einsetzen, dass es wieder überall Gemeindehäuser und endlich überall Breitbandanschlüsse gibt.«

»Statt Rückbau brauchen wir verlässliche Infrastruktur und gleichwertige Lebensverhältnisse in jedem Ort«, sagte Schindler. »Wir müssen auch in ländlichen Regionen Perspektiven bieten.« Nach dem Desaster bei den Landtagswahlen, bei denen die Linke jeweils auf gut zehn Prozent abgerutscht war, hatte Bundestagsfraktionschefin Sahra Wagenknecht angemahnt, die LINKE müsse »Menschen jenseits des hippen Großstadtmilieus erreichen«.

»Nach Jahrzehnten von Demütigungserfahrungen und Sozialabbau haben zu viele sich von einer demokratischen Perspektive ab- und der AfD zugewandt«, sagte Schindler mit Blick auf die Wahlergebnisse. Andere hätten vor allem der AfD etwas entgegensetzen wollen und die Partei gewählt, die am ehesten die Chance hatte, anstelle der AfD stärkste Kraft zu werden. Agenturen/nd

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