Studie: Nichtbeachtung macht Langzeitarbeitslose zu Nichtwählern

Langzeitarbeitslose sehen Stimmenthaltung auch als Protest gegen soziale Ungleichheit und Politiker-Ignoranz

  • Lesedauer: 2 Min.

Nürnberg. Langzeitarbeitslose sind einer Studie zufolge häufig Nichtwähler, weil sie keine Hoffnung haben, dass sich an ihrer Lebenssituation etwas ändert. Sie hätten das Gefühl, dass Politiker sich nicht um sie kümmern und sie »zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig zu haben«, sagte Marc Hentschke, Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Fachverbands für Arbeit und soziale Integration (EFAS), am Mittwoch bei der Präsentation der Studie in Nürnberg. In der Untersuchung mit dem Titel »Unerhört! Langzeitarbeitslose Nichtwähler melden sich zu Wort« werden Interviews analysiert, die Langzeitarbeitlose über ihr Schicksal mit anderen Langzeitarbeitlosen geführt haben. Statistiken legt die Studie nicht vor.

Kafkaeske Erlebnisse mit Behörden, Berichte über Krankheiten und andere Probleme führten »eine brennende soziale Frage vor Augen«, sagte Hentschke. Die Betroffenen seien der Meinung, dass sie von den Politikern nicht gehört und nicht gesehen werden. »Die kümmern sich keinen Dreck um uns« oder »Man nimmt uns nicht wahr« seien Motive für das Nichtwählen gewesen, sagte der Soziologe Franz Schultheis (Friedrichshafen), der die Arbeit wissenschaftlich begleitet hat. Die Betroffenen wollten außerdem mit der Ablehnung der Stimmabgabe zeigen, dass sie sich dem politischen System verweigern.

Der Präsident der Diakonie Bayern, Michael Bammessel, nannte die Studie ein Alarmsignal, weil eine große Gruppe im Urnengang keinen Sinn mehr sehe. Er fürchtet, dass Unfrieden, Risse und Spalte in der Gesellschaft größer würden. Die Folgen träfen wiederum die Schwächeren in der Gesellschaft. epd/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal