Es gibt ein Bier auf Hawaii

Oktoberfest in Kailua-Kona: Bei der Ironman-WM gewinnt Jan Frodeno aus Saarbrücken die Männerkonkurrenz, seine Trainingskollegin Anne Haug siegt bei den Frauen

  • Nicolas Reimer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ihren historischen Doppelschlag feierten Jan Frodeno und Anne Haug ohne Rücksicht auf Verluste. Mit dem Siegerkranz auf dem Kopf spritzten die beiden Ironman-Helden völlig hemmungslos den Champagner in die hawaiianische Mittagsluft, das Ausmaß ihrer Erfolge wurde dem Duo spätestens in diesem unbeschwerten Moment bewusst. »Einfach fantastisch« fühlte sich Haug nach dem ersten deutschen Zweifachtriumph im Südsee-Paradies, Frodeno sprach vom »vielleicht schönsten Sieg« seiner Karriere.

Der ausgelassene Jubel und die ansteckende Freude waren zweifellos berechtigt, schließlich sorgten der Superstar der Szene und die üblicherweise zurückhaltende Außenseiterin für den erfolgreichsten Tag der deutschen Triathlongeschichte. »Das war der Tag, den ich meine gesamte Karriere lang gesucht habe«, sagte Frodeno, der bereits 2015 und 2016 gesiegt hatte, - natürlich nicht nur wegen des unerwarteten Paukenschlags von Haug.

Mit einem perfekten Rennen hatte der 38-Jährige jene schwarz-rot-goldene Erfolgsserie fortgesetzt, die Haug inspiriert hatte. »Ich dachte, dass wir Frauen das sicherlich auch können, und wollte es den Jungs nachmachen«, sagte sie. Frodenos Triumph besaß trotzdem noch eine andere Qualität.

Als erster Deutscher krönte er sich nämlich zum dreimaligen Weltmeister. Ganz nebenbei krallte sich der Kölner in 7:51:13 Stunden auch noch den Streckenrekord des entthronten Titelverteidigers Patrick Lange, dessen vorzeitiger K.o. wegen Schwindelgefühlen etwas in den Hintergrund rückte. »Ich brauche verdammt viel Glück, um noch einmal in dieser Form am Start zu stehen«, sagte Frodeno, der im Vorjahr noch verletzungsbedingt gefehlt hatte und in den Sozialen Medien sein Jubelbild deshalb mit den Worten kommentierte: »Noch immer da, nie gegangen!«

Das wird der Kölner auch nach diesem »fantastischen Rennen« nicht tun - und das dürfte seine Konkurrenten ziemlich ernüchtern. »Jan war wieder in einer eigenen Welt. Ich habe keine Ahnung, wo er die Abkürzung genommen hat«, würdigte der drittplatzierte Sebastian Kienle, der 2014 die deutsche Serie mit seinem Sieg eröffnet hatte. Der zuletzt zweimal erfolgreiche Lange gratulierte Frodeno zu einer »unglaublichen Leistung«.

Die lieferte über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen auch Haug ab. Vor allem im abschließenden Marathon glänzte die 36-Jährige, die im Vorjahr als Dritte schon ein vielversprechendes WM-Debüt hingelegt hatte. »Wie in Trance«, sagte Haug, sei sie mit raumgreifenden Schritten über den Asphalt geflogen: »Der gesamte Lauf war großartig.«

Haug bedankte sich bei ihrem Trainer Dan Lorang, der auch Frodeno betreut, und nannte bescheiden »viel Glück« als weiteren Garanten für den Coup. Ob die zuletzt viermal erfolgreiche Schweizerin Daniela Ryf in Bestform gegen Haug die Oberhand behalten hätte, sei allerdings dahingestellt.

Die Deutsche vollzog am Sonnabend nämlich den nächsten Schritt einer atemberaubenden Entwicklung. Schon mit dem deutschen Rekord beim Ironman in Dänemark Mitte August ließ Haug aufhorchen, weitere WM-Siege sind nun keine Utopie mehr. Und verstecken kann sie sich nach einem Sieg mit der drittbesten Zeit, die jemals auf Hawaii erzielt wurde (8:40:10 Stunden), ohnehin nicht mehr. SID/nd

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