Mieter müssen weiter für Grundsteuer zahlen

Bundestag stimmt der schwarz-roten Reform zu - von den ursprünglichen SPD-Plänen ist jedoch wenig übrig geblieben.

  • Alina Leimbach
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Grundsteuerreform ist seit Freitagmittag beschlossene Sache. Doch von den ursprünglichen Ideen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist wenig geblieben. In einem Video auf Twitter sagte Scholz: »Wir haben ein ganz schwieriges Reformpaket heute auf den Weg gebracht.«

Über Monate hinweg hatte es in der Koalition Streit über die Steuer gegeben, die Kommunen eine gute Menge Geld zusichert. Im Gegensatz zu vielen anderen Einnahmequellen können sie das Aufkommen der Grundsteuer über einen selbstgewählten Hebesatz beeinflussen. Im vergangenen Jahr nahmen sie darüber immerhin 14 Milliarden Euro ein. Die Zeit für eine Einigung drängte, bis Jahresende hatte das Bundesverfassungsgericht der Politik Zeit eingeräumt, eine neue verfassungssichere Berechnungsgrundlage zu schaffen. Am Freitagvormittag machte der Bundestag nun mit der für die Grundgesetzänderung nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit den Weg frei. Möglich wurde dies durch die Stimmen von FDP und Grünen sowie auch von einigen AfD-Abgeordneten, die den Gesetzentwurf der großen Koalition letzen Endes durchwinkten. Zustimmen muss nun noch der Bundesrat, doch gilt das »ja« der Länder als ausgemachte Sache.

Das ursprünglich geplante Gesetzesvorhaben von Scholz wurde indes aufgeweicht. Der Sozialdemokrat hatte für ein Modell plädiert, das sich nicht wie bisher an Einheitswerten der Grundstücke aus den Jahren 1964 (West) und 1935 (Ost) bemisst, sondern nach dem aktuellen Wert des Objekts auf dem Grundstück. Dafür sollten unter anderem Mietkosten, Baujahr des Gebäudes und die Bodenrichtwerte zugrunde gelegt werden. Das kommt nun zwar - aber nur als Optionsmodell. Der Bundestag beschloss eine »Öffnungsklausel«, die es Ländern ermöglicht, eigene Berechnungsmodelle zu nutzen. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hatte auf ein eigenes Modell gepocht - er will die Grundsteuer nicht nach dem Wert der Immobilie, sondern nur nach der Fläche berechnen. Andere Bundesländer könnten ebenfalls ausscheren.

»Die Wertorientierung im ursprünglichen Regierungsentwurf wurde immer weiter aufgeweicht. Es ist aber ein Unterschied, ob eine Villa am Starnberger See oder eine Hütte auf dem gleichen Grundstück steht«, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Fabio De Masi. Auch die Fraktion der Grünen kritisierte diesen Umstand. Anders als die Linkspartei trugen sie das vorliegende Gesetz dennoch mit.

Ein weiteres Manko: Ein Verbot, die Grundsteuer auf die Mieter*innen umzulegen, soll ebenfalls nicht kommen. »Die Grundsteuer ist eine Eigentümersteuer, die selbstverständlich von allen selbstnutzenden Eigentümern bezahlt werden muss. Es ist nicht einzusehen, dass Vermieter diese Steuer über die Betriebskostenabrechnung ihren Mietern in Rechnung stellen dürfen«, kritisierte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Eine Position, die eigentlich auch die SPD so formuliert. In einem Positionspapier hatte die Fraktion eine mindestens hälftige Beteiligung der Vermieter an der Grundsteuer als fair bezeichnet. Einige Verbände sehen auch Chancen in der Öffnungsklausel. Sie hoffen, auf eine Bodensteuer. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller erklärte: »Wir erwarten nun von den Ländern, sich mit der Bodenwertsteuer als Alternative zum mangelhaften Bundesmodell zu beschäftigen.« Eine Bodenwertsteuer besteuert auch unbebaute Flächen, anders als die bisherigen Modelle, und bietet so Anreize, innerörtliche bebauungsfähige Flächen zu nutzen.

Ungemach kommt derzeit noch aus ganz anderer Richtung. Wie die »Wirtschafswoche« berichtet, hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Olaf Scholz’ Bewertungsmethode. »Erste Musterberechnungen legen es nahe, dass teure Wohnlagen systematisch unterbewertet und mittlere bis einfache Wohnlagen über dem Verkehrswert bewertet würden«, zitiert das Magazin das Gutachten.

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