Werbung

Erstmals Gefechte zwischen türkischer Armee und syrischen Truppen

Aktivisten berichten britischer Beobachtungsstelle von türkischem Attilleriebeschuss / Ein syrischer Soldat soll von pro-türkischen Milizen hingerichtet worden sein

  • Lesedauer: 3 Min.

Beirut. Kurz vor Ablauf einer Waffenruhe in Nordsyrien hat es in der Region erstmals direkte Gefechte zwischen der türkischen Armee und den syrischen Regierungstruppen gegeben. Bei den Kämpfen nahe der türkischen Grenze seien sechs syrische Soldaten getötet worden, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Dienstag. Am Abend sollte eine Frist ablaufen, die Ankara und Moskau der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG zum Rückzug gesetzt hatten.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden fünf syrische Soldaten durch türkischen Artilleriebeschuss in der Nähe des Dorfes al-Assadija südlich der Grenzstadt Ras al-Ain getötet. Ein Sechster sei im Zuge des Gefechts von protürkischen Milizen »hingerichtet« worden. Die oppositionsnahe Organisation in Großbritannien bezieht ihre Informationen von Aktivisten vor Ort. Für Medien sind diese meist kaum zu überprüfen.

Die Türkei äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall, doch wollte Präsident Recep Tayyip Erdogan später zum türkischen Tag der Republik in Ankara sprechen. Die Türkei unterstützt seit Jahren syrische Rebellen im Kampf gegen Machthaber Baschar al-Assad und unterhält keinen Kontakt zu seiner Regierung. Bei ihrer Offensive in Nordsyrien wurde die türkische Armee von verbündeten syrischen Milizen unterstützt.

Die Kämpfe am Dienstag waren nach Angaben der Beobachtungsstelle die ersten direkten Gefechte zwischen Soldaten der Türkei und Syriens seit dem türkischen Einmarsch am 9. Oktober. Der international umstrittene Einsatz hat zum Ziel, die YPG aus dem Grenzgebiet zu vertreiben. Angesichts der türkischen Offensive und des Abzugs der US-Truppen sah die Verwaltung der kurdischen Autonomieregion keinen Ausweg, als die syrische Armee zu Hilfe zu rufen.

Lesen sie auch: Mit Blankoscheck. Erdoğan setzt in Nordsyrien um, was die EU ihm 2016 erlaubte

Machthaber Baschar al-Assad entsandte daraufhin Mitte Oktober zwar Truppen an die türkische Grenze, doch vermieden beide Seiten eine Konfrontation. Zudem vereinbarte die Türkei acht Tage nach Beginn der Offensive mit den USA eine Waffenruhe, um den YPG-Kämpfern den Abzug zu ermöglichen. Mit Russland verständigte sich die Türkei später auf eine Verlängerung der Feuerpause sowie gemeinsame Patrouillen entlang der Grenze.

Gemäß der Vereinbarung Erdogans mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin behält die Türkei die direkte Kontrolle über einen 120 Kilometer langen und 30 Kilometer breiten Grenzabschnitt zwischen Ras al-Ain und Tal Abjad, den sie erobert hat. Das Grenzgebiet östlich und westlich davon soll nach dem Abzug der YPG von der russischen Militärpolizei und der syrischen Armee kontrolliert werden. In Grenznähe soll es zudem russisch-türkische Patrouillen geben.

Die von den YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sagten am Sonntag zu, sich auf der gesamten Länge der türkisch-syrischen Grenze auf eine Entfernung von 32 Kilometern zurückzuziehen. AFP-Reporter beobachteten den Abzug der kurdischen Kämpfer aus verschiedenen Grenzorten und den Einzug russischer und syrischer Truppen. Doch war weiter nicht geklärt, ob die YPG-Kämpfer überall abgezogen sind. Erdogan hat gedroht, den Krieg wiederaufzunehmen, wenn sich die YPG nicht vollständig zurückzieht. AFP/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal