Dresdner Heimspiel in Berlin

Rund 40.000 Fans feiern trotz Niederlage bei Hertha BSC eine schwarz-gelbe Pokalparty

Zwei zentrale Ziele einer jeden Saison hat Hertha BSC am Mittwochabend auf einen Schlag erreicht: ein richtig gut gefülltes sowie stimmungsvolles Stadion und Pokalerfolge. Der Stadionsprecher verrichtete in einer außergewöhnlichen Atmosphäre allerdings Alltagsarbeit, als er die Zuschauerzahl von 70.429 verkündete: »Vielen Dank für die Unterstützung, vielen Dank Herthaner!« Als Antwort bekam er ein schrilles Pfeifkonzert - von rund 40 000 Dresdner Fans, die ihre Mannschaft zur zweiten Runde im DFB-Pokal ins Olympiastadion begleitet hatten.

»Ich glaube, dass die Blau-Weißen lauter sein werden«, hatte Herthas Manager Michael Preetz gehofft. Er wurde enttäuscht. Die Berliner Fans, vor allem in der Ostkurve, gaben ihr Bestes. Den Lautstärkevergleich gewannen aber eindeutig die Gäste aus Dresden. Sie feierten trotz der 7:8-Niederlage nach Elfmeterschießen eine schwarz-gelbe Pokalparty - nicht selten leuchtend untermalt. Über den Einsatz von Pyrofackeln kann man streiten. Dass aus den Dresdner Blöcken aber auch Leuchtraketen abgefeuert wurden - einige landeten im Innenraum -, hilft jedoch nur den Gegnern einer lebendigen Fankultur.

Das derzeit wichtigste Ziel der Sportgemeinschaft aus Dresden hatte Herthas Trainer vor dem Anpfiff gleichzeitig als Warnung an sein eigenes Team beschrieben. »Dynamo kann mit nur einem einzigen Spiel einen Stimmungswechsel schaffen. Das ist gefährlich«, hatte Ante Covic gesagt. Verstanden haben ihn seine Spieler nicht wirklich. Nach einer flotten Anfangsviertelstunde lief nicht mehr viel zusammen. Zur Pause führte Dresden durch einen Treffer von Moussa Koné. Erst nach 85 Minuten hatte Hertha das Spiel durch die Tore von Dodi Lukebakio und Ondrej Duda gedreht.

Aber auch die Führung gab dem Erstligisten keine Sicherheit. Stattdessen schallte das beeindruckend laute »Dy-Na-Mo« immer öfter durchs Olympiastadion. Erst hatte Patrick Ebert in der Nachspielzeit, wie zuvor Herthas Duda per Elfmeter, die Dresdner mit seinem Treffer zum 2:2 in die Verlängerung geschossen. Und dort sah der Zweitligist dann nach dem erneuten Führungstor von Luka Stor lange wie der Sieger aus. Mit der letzten Aktion hämmerte Jordan Torunarigha den Ball dann aber zum 3:3 ins Netz. »Wahnsinn!« So empfand Covic diesen Spielverlauf samt anschließendem Sieg im Elfmeterschießen. Wirklich erklären konnte Herthas Trainer den zerfahrenen Auftritt seines Teams nicht, beim Versuch wirkte er fast so unbeholfen wie zuvor seine Spieler auf dem Platz.

Als »Wahnsinn« hatte im Vorfeld der Partie Dresdens Sportchef Ralf Minge die Reiselust und Unterstützung der Fans bezeichnet: »Der Mythos Dynamo lebt.« Seine recht gute Laune nach dem Abpfiff zeigte zudem, dass er auch mit dem Auftritt der Mannschaft zufrieden war. Dass die SGD derzeit aber alles andere als sorgenfrei ist, war den Worten des Trainers zu entnehmen. Was seine Spieler am Donnerstag von Cristian Fiél zu hören bekamen, verriet er schon im Olympiastadion: »Am Sonntag ist alles wieder anders.«

Ob der leidenschaftliche Auftritt in Berlin tatsächlich einen Stimmungswechsel in Dresden herbeiführen kann, wird die Ligapartie beim VfB Stuttgart zeigen. Das sich etwas ändern muss, ist klar. Nach zuletzt vier Niederlagen in Folge ist Dynamo in den Keller der zweiten Liga gerutscht, nur das bessere Torverhältnis gegenüber dem Aufsteiger Wehen Wiesbaden hat den Sturz ans Tabellenende verhindert. So richtig hoffnungsvoll klang Fiél jedoch nicht. Auch nicht gegenüber seinen Spielern, denen er direkt nach dem Abpfiff im Mannschaftskreis sagte: »Egal was in den letzten Wochen war und was passieren wird: Das hier kann euch keiner mehr nehmen.« Der beeindruckende Auftritt in dieser beeindruckenden Atmosphäre habe ihn im Glauben an seine Spieler bestärkt. »Ich weiß, was sie können.« Nur bekommen sie es unter seiner Anleitung viel zu selten auf den Platz. Seit seinem Amtsantritt im März konnte er durchschnittlich nur 1,13 Punkte sammeln. Das ist die Bilanz eines Absteigers.

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