Opposition mit Präzision

Personalie: Tomasz Grodzki

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Triumphale Gesten sind seine Sache nicht, auch wenn Tomasz Grodzki am Dienstag nach seiner Wahl zum Präsidenten des Senats - des Oberhauses des polnischen Parlaments - die Arme hob: »Ich hebe die Arme in einem Moment des Triumphs, aber es ist nicht mein Triumph. Ich nehme die Wahl in Demut, mit Sinn für die Verantwortung an«, sagte der 61-jährige gebürtige Szczeciner, nachdem er mit exakt 51 Stimmen von möglichen hundert gewählt wurde. Der PiS-Kandidat, der vormalige Senatspräsident Stanisław Karczewski, bekam nur alle 48 PiS-Stimmen und gratulierte Grodzki zur Wahl.

Für die polnische Opposition ist die Wahl Grodzkis ein Achtungserfolg - kamen doch bei seiner Wahl Stimmen sowohl aus dem liberalen Lager, dem Grodzki als Mitglied der Platforma Obywatelska (Bürgerplattform) angehört, als auch von der Linken zusammen. Einen anderen Kandidaten als jenen der PiS durchzusetzen, konnte nur über die Grenzen der politischen Lager hinweg gelingen - und es gelang. Sich auf Grodzki zu einigen fiel nicht übermäßig schwer. Der geachtete Chirurg und Politiker aus Szczecin betonte dann auch gleich, wie er die Rolle als Senatspräsident auszufüllen gedenkt: »Wenn jemand denkt, wir werden im Senat die Rolle der Bremse spielen, dann liegt er falsch.« Aber ein wenig verlangsamen könnte der Senat die Vorhaben der PiS nun schon: Anders als vor den Parlamentswahlen im Oktober hat diese nun nicht mehr die Mehrheit in beiden Kammern, was die Kaczyński-Partei in der vorigen Legislaturperiode nutzte, um Gesetze im Eilverfahren durch beide Kammern zu bringen.

Grodzki wird nicht brachial auf die Bremse treten - aber sorgfältiges und präzises Bearbeiten der Sejm-Vorlagen braucht auch seine Zeit. Und der ausgezeichnete Medizinprofessor muss seine neue Rolle nicht im Verborgenen spielen: An der Übertragung seiner Reden kommt qua seines Amtes auch der staatliche Rundfunk TV Polonia nicht herum, der der Opposition sonst wenig Raum bietet.

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