Sánchez sieht »keine Alternative« zur Linkskoalition in Spanien

Obwohl der Sozialdemokrat weiter keine Mehrheit zur Regierungsbildung hat, wurde er dazu vom König beauftragt

  • Ralf Streck, Málaga
  • Lesedauer: 4 Min.

Zum dritten Mal in diesem Jahr hat sich Spaniens König Felipe VI. mit verschiedenen Parteichefs getroffen, um vier Wochen nach den zweiten vorgezogenen Neuwahlen in diesem Jahr zu klären, wer die Regierung bilden soll. Nach den Konsultationen hat der Monarch den Sozialdemokraten Pedro Sánchez benannt, verkündete die Parlamentspräsidentin Meritxell Batet am späten Mittwoch nach ihrem Treffen mit dem König.

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Doch bisher hat Sánchez keine Mehrheit. Die Republikanische Linke Kataloniens (ERC), von der alles abhängt, boykottierte das Gespräch mit dem König. Sie lehnt die vom Diktator Franco restaurierte Monarchie ab und fordert in den Verhandlungen mit den Sozialdemokraten (PSOE) einen dauerhaften Dialog mit Fahrplan zur Konfliktlösung. Felipe hätte Sánchez deshalb ablehnen können, wie noch im September. Doch die Chancen für Sánchez sind gestiegen, da er seine Ablehnung gegen die Linkskoalition »Unidas Podemos« (Gemeinsam können wir es, UA) aufgegeben hat. Er hat sich mit Podemos und der Vereinten Linken (IU), die in der UA den Ton angeben, auf eine Koalition geeinigt.

Mit dem IU-Chef Alberto Garzón hatte Felipe seine Konsultationen begonnen. Der Kommunist hat dem Monarchen seine »Sehnsucht« nach einem »erfolgreichen Abkommen« vermittelt, wobei aber auch er »Unzulänglichkeiten« sieht. Er hofft, dass die Linkskoalition einen »Weg in die Zukunft« geht und die »Lebensverhältnisse der Arbeiterfamilien verbessert«.

Der steht hinter der Tatsache, dass Sánchez zwar im Juni 2018 per Misstrauensantrag an die Macht kam, aber schnell Neuwahlen ansetzen musste, da er ohne Stimmen katalanischer Parteien keinen Haushalt verabschieden konnte. In zwei Wahlen versuchte er seither, sich von »Lasten« zu befreien. Schon die Koalition mit UA ist für einige in der PSOE ein rotes Tuch. Dagegen stellen sich unter anderem PSOE-Regionalfürsten und der Ex-Parteichef Felipe Gonzalez.

Der Regierungschef von Kastilien-La Macha tritt als Sprecher der Parteirechten auf. Emiliano García-Page will sich zu Weihnachten »keine Vaseline« wünschen. »Wir wollen ein gutes Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2020 mit einem ruhigen Gewissen«, kritisierte er den Dialog mit der ERC, ohne deren Enthaltung Sánchez keine Chance hat, erneut Regierungschef zu werden.

Auch der hätte lieber auf UA und ERC verzichtet. Statt mit linken Formationen strebte schon nach den Wahlen im April ein Bündnis mit der rechten Ciudadanos (Cs) an. Mit ihr hätte er eine absolute Mehrheit gehabt. Doch auf ihrem strammen Rechtskurs verweigerte die sich und stürzte dafür im November von 57 auf nur noch 10 Parlamentarier ab.

»Es gibt keine andere Alternative«, sagt Sánchez deshalb nun zur Linkskoalition. Die Spanier hätten den Dauerstreit satt, er rief zu »großen Übereinkünften« auf. Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl an die rechte Volkspartei (PP). In ihrer Beteiligung sieht er noch immer einen Plan B, sollten die Verhandlungen mit der ERC scheitern. Die PP will aber von einer von Sánchez geführten großen Koalition nichts wissen.

Einen Termin für eine Investitur gibt es nicht und 2019 wird keine Regierung gebildet. Die ERC hat gegenüber Sánchez durchgesetzt, dass der sich mit dem katalanischen Regierungschef Quim Torra in Verbindung setzen muss. Lange hatte er sogar Telefonat mit Torra verweigert. Um das nicht als klares Zugeständnis aussehen zu lassen, will er nun alle Regionalpräsidenten konsultieren.

Auch den Sperrgürtel um die baskische Linkspartei »EH Bildu« (Baskenland vereinen) musste er auf Druck der ERC aufgeben, die ein strategisches Bündnis mit Bildu unterhält. Auch sie wird nun konsultiert. Allerdings will Sánchez im Gegenzug dafür nun auch mit der ultrarechten VOX sprechen und trägt damit zur Normalisierung einer faschistoiden Partei bei, die bei den Wahlen mit 15 Prozent drittstärkste Kraft wurde.

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