Todesstrafe in Abwesenheit

Ex-Präsident Pakistans Pervez Musharraf wegen Hochverrats verurteilt

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 3 Min.

Die letzten Bilder, die die Öffentlichkeit von Pervez Musharraf zu Gesicht bekam, stammen vom 3. Dezember: Der 76-Jährige liegt in einem Krankenhaus im Emirat Dubai und proklamiert, er habe stets für Pakistan gekämpft. Wenig scheint übrig geblieben von dem einst starken General, der durch einen unblutigen Putsch gegen den damaligen Premierminister Nawaz Sharif im Jahr 1999 die Macht ergreifen konnte.

Musharraf wird vorgeworfen, mit der Verhängung des Ausnahmezustands 2007 die Verfassung außer Kraft gesetzt zu haben. Nach einem jahrelangen Prozess fiel am Dienstag nun das Urteil: Zwei der drei Richter sahen die Vorwürfe als erwiesen an. Musharraf rief damals den Notstand aus, um seine Amtszeit als Staatspräsident zu verlängern. Er feuerte mehrere Richter, um so rechtliche Einwände zu vermeiden. »Pervez Musharraf wurde wegen Verstoßes gegen Artikel 6 der pakistanischen Verfassung für schuldig befunden«, sagte ein Justizbeamter der Regierung, Salman Nadeem, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Dass das Urteil jemals vollstreckt wird, ist unwahrscheinlich; die Vereinigten Arabischen Emirate werden ihn nicht ausliefern. Musharraf lebte dort bereits nach seinem, durch innenpolitischen Druck 2008 erzwungenem, Rücktritt bis 2013 im Exil. Dazu scheint sein schlechter Gesundheitszustand irreversibel.

Das Urteil ist dennoch brisant, zumal Musharraf der erste General a. D. ist, der in Pakistan von einem Gericht wegen Hochverrats verurteilt wurde. Dabei haben in Pakistan immer wieder Militärs zivile Regierungen gestürzt. Generäle haben Pakistan rund die Hälfte der Zeit seines Bestehens regiert - unabhängig ist das Land seit 1947.

Der Ex-Präsident, der Pakistan von 1999 bis 2008 regiert hatte, wies die Vorwürfe als politisch motiviert zurück. Zahlreiche rechtliche Einwände hatten das Verfahren in die Länge gezogen. Musharraf wurde wenige Monate nachdem Sharif im Jahr 2013 erneut Ministerpräsident Pakistans geworden war, wegen Hochverrats angeklagt. Im Jahr 2013 war er aus dem Exil zurückgekehrt und hatte verkündet, mit der 2010 von ihm gegründeten Partei All Pakistan Muslim League erneut zur Wahl anzutreten.

Aus seiner politischen Wiederauferstehung wurde jedoch nichts, er wurde unter Hausarrest gestellt. Im März 2016 erlaubte ihm ein Gericht, Pakistan für medizinische Behandlungen zu verlassen. Musharraf war vor allem wegen seiner prowestlichen Orientierung und seinem rigiden Führungsstil bekannt. Er repräsentierte die westlich orientierte Elite des Landes. Bereits während seiner langen militärischen Karriere - er trat 1961 in die Armee ein und kämpfte unter anderem im zweiten Indisch-Pakistanischen Krieg von 1965 - erwarb er sich den Spitznamen »der Cowboy«. Infolge der Angriffe vom 11. September 2001 und des von der Bush-Regierung damals ausgerufenen »Globalen Kriegs gegen den Terror« baute er als Präsident die diplomatischen Beziehungen zur USA aus, was ihm den Beinamen »Busharraf« bescherte.

In der Islamischen Republik Pakistan war sein politischer Kurs stets höchst umstritten. Vor seiner Abreise nach Dubai 2016 hatte Musharraf versprochen, er werde zurückkehren. Allerdings war er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands weder bei vergangenen Anhörungen in dem Hochverratsfall noch bei der Urteilsverkündung anwesend. Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal