Paradoxer Strompreis

Kurt Stenger über die allzu trügerische Marktgläubigkeit

Die Strompreise steigen und steigen, obwohl sie sinken und sinken. Es ist ein Paradoxon, das niemand so genau erklären kann: Im Großhandel ist Strom für Weiterverkäufer fast ein Drittel billiger als vor einem Jahr, trotzdem erhöhen die meisten Grundversorger ihre Preise deutlich.

Die Entwicklung spricht für ein Versagen des Marktes oder besser gesagt der Marktgläubigkeit. Als Deutschlands Strommarkt liberalisiert wurde, sollte dies zu sinkenden Preisen führen. Doch trotz Wettbewerbs mit einem Dschungel an Versorgern und Tarifen kennt die Entwicklung nur die gegenläufige Richtung. Selbst die dank Wind- und Solarenergie großen Überkapazitäten bei der Stromerzeugung machen sich eben nur im Großhandel bemerkbar.

Im Ergebnis der neuen Preisrunde werden gewiss noch mehr Menschen von zeitweiligen Stromsperren betroffen sein. Ein massives soziales Problem, das die Bundesregierung wenig zu jucken scheint. Hinzu kommt ein fatales Signal für die schwarz-roten Klimaschutzpläne, die insbesondere im Verkehr voll auf einen Wechsel hin zu Strom setzen: Die Elektromobilitätswende wird ganz sicher nicht gelingen, wenn die Strompreise von Jahr zu Jahr massiv steigen. Bedenkt man zudem, dass auch bei der Gebäudewärme Strom eine wichtigere Rolle spielen soll, wird das Paradoxe der Politik noch deutlicher: Die Regierung weigert sich, die Regulierung zu verschärfen - und so werden die Akteure am Markt weiter die Preise erhöhen.

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