Pro Asyl fordert Evakuierung von Flüchtlingen in Libyen

Die Organisation kritisiert auch die Zusammenarbeit der EU mit der libyschen Küstenwache

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Berlin. Vor der Libyen-Konferenz am Sonntag in Berlin hat die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl zu einer Evakuierung der in dem Bürgerkriegsland festsitzenden Flüchtlinge aufgerufen. »Das Schicksal der dort hilflos festsitzenden Schutzsuchenden darf nicht außer Acht bleiben«, forderte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Samstag. Er kritisierte auch die Zusammenarbeit der EU mit der »verbrecherisch handelnden libyschen Küstenwache«.

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»Schutzsuchende müssen umgehend aus Libyen evakuiert werden, die EU muss hierfür genügend Resettlement-Plätze bereitstellen«, verlangte Burkhardt. Zehntausende Menschen, vorwiegend aus afrikanischen, aber auch aus arabischen Ländern, sitzen in Libyen fest. Viele von ihnen sind in libyschen Haftlagern schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, auch durch libysche Sicherheitskräfte oder mit ihnen zusammenarbeitende Milizen.

»In den libyschen Haftlagern kommt es zu Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigungen. Um mit ihnen noch mehr Geld zu verdienen, werden Schutzsuchende von Milizen vollkommen entrechtet«, kritisierte Burkhardt. Dies sei bereits 2018 auch in einem Sicherheitsbericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes über Libyen festgehalten worden. Er verwies auf die Erschießung eines Sudanesen im September 2019 durch Angehörige der Küstenwache vor den Augen von UN-Mitarbeitern. Die Küstenwache wird von EU-Staaten ausgerüstet und ausgebildet, auch von Deutschland.

Die Milizen und das Mittelmeer. Im libyschen Bürgerkrieg geht es um Macht und Milliarden, nun will auch die Türkei mit Bodentruppen mitmischen.

Zudem bestehe in dem Bürgerkrieg für Flüchtlinge ständig die Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten, mahnte Pro Asyl. So seien im Juli 2019 bei einem Luftangriff auf Tripolis 35 Schutzsuchende in einem Lager im Vorort Tadschura getötet worden.

Insgesamt gab Pro Asyl die Zahl der Schutzsuchenden in Libyen mit etwa 125.000 an. Davon seien 48.122 Menschen bisher vom UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) registriert worden. Lediglich etwa 4000 Menschen seien bisher aus Libyen in Durchgangslager vorwiegend im Niger gebracht worden, einige auch nach Italien oder Rumänien. Von den 2913 Evakuierten im Niger warteten mit Stand Oktober 2019 wiederum noch 1096 Menschen auf ihre Umsiedlung in europäische Aufnahmeländer.

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie weitere hochrangige Regierungsvertreter kommen am Sonntag in Berlin zusammen. Ziel ist es, ein Ende der Kampfhandlungen im libyschen Bürgerkrieg zu erreichen. Agenturen/nd

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