Biathleten wollen auch den Sommer erobern

Der Weltcup in Ruhpolding war wieder auch ein Volksfest. Im August stehen dort die Weltmeisterschaften an, die gleichzeitig ein Test für den Wintersport der Zukunft sind

  • Volker Gundrum, Ruhpolding
  • Lesedauer: 3 Min.

Magdalena Neuner ist auch im Sommer Weltmeisterin im Biathlon geworden - doch kaum einer hat davon Kenntnis genommen. »Zum damaligen Zeitpunkt lag da noch nicht der Fokus drauf«, sagt Jörg Heger, Neuners langjähriger Manager. Im September 2009 feierte die Olympiasiegerin gleich drei WM-Siege. Damals fanden in Oberhof erstmals in Deutschland Welttitelkämpfe auf Skirollern statt. Elf Jahre später ist es wieder soweit: Im August startet Ruhpolding einen neuen Versuch.

Angesichts des Klimawandels ist Sommer-Biathlon vielleicht auch eine Blaupause für die Zukunft, doch erst einmal sind die Weltmeisterschaften vom 19. bis 23. August als Test gedacht. »Im Grunde ist es ja mit Biathlon in den 70er-Jahren nicht viel anders gewesen. Da hat es auch so angefangen, dass die Pioniere das Gefühl hatten, es könnte was sein«, erinnert sich Ruhpoldings Bürgermeister Claus Pichler. »Man hat damals mit überschaubarem Aufwand und sehr überschaubaren Zuschauerzahlen begonnen. Mit der Sommer-WM ist es vielleicht ähnlich.«

Bei dem am Sonntag zu Ende gegangenen Weltcup feierten 44 000 Zuschauer am Finalwochenende auch ohne deutsche Siege ein Volksfest. Im Sommer soll es ähnlich sein. »Das Entscheidende ist, ob es uns gelingt, die Begeisterung der Menschen zu entfachen.« Daran glaubt Olle Dahlin, der Präsident der Internationalen Biathlon Union (IBU): »Ich bin mir sicher, dass wir wieder ein tolles Event in Ruhpolding erleben werden.« Die Motivation ist klar: Der Weltverband will künftig auch im Sommer ins Geschäft kommen. Und dabei erhofft er sich durch die Vergabe an etablierte und bei den Fans beliebten Standorte wie Ruhpolding und 2021 Nove Mesto in Tschechien »einen Schub für Sommer-Biathlon«, sagt IBU-Sportdirektor Felix Bitterling. »Diese Wettbewerbe können die Grundlage für eine Weiterentwicklung sein.«

Die neue Strategie passt Ruhpolding ins eigene Konzept, denn in der Chiemgau Arena soll es künftig nicht nur im Winter rundgehen. Dafür wurde die Firma triceps, die ursprünglich als Partneragentur für Athleten des Deutschen Ski-Verbandes entstanden ist, ins Boot geholt. Für Andreas Steiniger, neben Heger Geschäftsführer, »hilft solch eine Sommer-WM ein ganzes Stück«. Die Sportmanager haben bereits Hochrechnungen angestellt, wollen an jedem Wettkampftag 5000 bis 7000 Zuschauer in die Arena locken. Eine relevante TV-Präsenz in ARD und ZDF scheint garantiert. Man könne, sagt Steiniger, »auch Sponsoren ansprechen, die nicht im Weltcup unterwegs sind, für die vielleicht das Sommerhalbjahr interessanter und wichtiger ist«.

Hat der Winterweltcup ein Kostenvolumen von rund drei Millionen Euro, rechnen die Veranstalter damit, im Sommer mit etwas weniger als einem Drittel auszukommen. Schon jetzt verspricht der deutsche Frauentrainer Kristian Mehringer: »Wir fahren mit der stärksten Mannschaft hin. Wir wollen keinen verheizen, aber es soll eine schlagkräftige Truppe am Start stehen.«

In den ehemaligen Ostblockstaaten hat Sommer-Biathlon schon lange einen sehr viel höheren Stellenwert. Denn der Unterschied für die Sportlerinnen und Sportler ist eigentlich gar nicht so groß, im Sommer wird eh auf den Rollern trainiert. »Vom Bewegungsablauf her«, erklärt Mehringer, sei das »kein riesengroßer Unterschied«. Man benötige nur etwas mehr Kraft. dpa/nd

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