Linke streiten über Antifa-Mitgliedskarte

Katharina König-Preuss findet Präsenz in Ostdeutschland wichtiger als eine Plastikkarte im Portemonnaie

  • Katharina Schwirkus
  • Lesedauer: 5 Min.

»Die eine Antifa gibt es nicht« heißt es immer wieder in Diskussionen zwischen Linken und Rechten. Während politisch Rechtsgesinnte »die Antifa« verbieten wollen, stellen Linke immer wieder klar, dass es zwar viele verschiedene antifaschistische Initiativen und Bewegungen gibt, aber eben keinen bundesweiten Zusammenschluss, in welchem diese vereinigt sind. Folglich könne man »die Antifa« nicht verbieten.

Eine Plastikkarte, die einer Kreditkarte ähnelt, stellt diese Debatte auf den Kopf. Denn sie ist genau das, was es eigentlich gar nicht gibt: Ein Ausweisdokument über die Mitgliedschaft in der Antifa. Die Karte ist in schlichtem Schwarz gehalten. Darauf zu sehen ist das bekannte Logo: Die etwas größere rote und die kleinere schwarze Fahne, Rot für Sozialismus, Schwarz für Anarchismus, wehen nach links, im Hintergrund ist ein weißer Kreis, der schwarz umrundet ist. In weißer Schrift steht um den Kreis herum: »Antifaschistische Aktion«, direkt daneben ist, ebenfalls in weißer Schrift, »ANTIFAmily©TM Mitgliedskarte« zu lesen.

Werbevideo von Rederei FM zur ANTIFAmily-Card.

Die Karte kommt wie ein Scherz daher. Doch seit zwei Wochen kann man sie wirklich im Internet für schlappe 2,50 Euro bestellen. Davon gehen 50 Cent an die Initiative »Exit Deutschland«, die Menschen beim Ausstieg aus der rechtsextremen Szene hilft. Fabian Wichmann, der im Bereich der Begleitung von Aussteigern und in der Öffentlichkeitsarbeit der Initiative arbeitet, erklärt wie wichtig solche Spenden für »Exit Deutschland« sind. Das Programm, das an die gGmbH »ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur« angegliedert ist, wird vom Familienministerium gefördert. »Aber um diese Förderung zu erhalten, braucht man erst mal ein Eigenkapital«, so Wichmann.

Mit der Karte an sich hat »Exit Deutschland« nichts zu tun. Die Idee zur Ausarbeitung der Karte hatten die »Hooligans gegen Satzbau«, kurz: »HoGeSatzbau«. Dabei handelt es sich um eine ironische Anspielung auf die rechtsextreme Gruppe »Hooligans gegen Salafisten«, die das Kürzel »HoGeSa« verwendet. Hinter den »Hooligans gegen Satzbau« stecken drei Menschen, die nicht mit ihrem echten Namen in Erscheinung treten. Seit sechs Jahren machen sie ehrenamtlich online Aktivismus, Grafikarbeiten gehören auch dazu. Sie arbeiten mit Ironie und Satire und bedienen sich oftmals übertriebener Klischees aus dem rechten Spektrum.

»Wir freuen uns über die Unterstützung durch die Antifakarte«, sagt Fabian Wichmann zu »nd«. Andere Menschen freuen sich aus ganz anderen Gründen über die Existenz der »ANTIFAmily©TM Mitgliedskarte«. Sie teilen in sozialen Netzwerken, wie Facebook und Instagram Fotos von der Karte, die sie selbst bestellt haben und beschreiben, was sie damit machen. So berichtet ein Facebook-Nutzer, er habe ein kleines Pils bestellt und dann aber eine Maß bekommen, als er die Karte vorzeigte. Ein anderer schreibt: »Seit ich die Karte besitze, bin ich viel glücklicher, schlafe besser, sehe besser aus und bin ein fantastischer Liebhaber. Danke!«

Doch es gibt auch Kritik. Sie kommt von Links, und nicht von irgendjemandem. Katharina König-Preuss, Sprecherin der Linkspartei im Thüringer Landtag für Antifaschismus und Antirassismus, ließ ihrem Unmut vergangen Donnerstag in einer Instagramstory freien Lauf. Diese konnten Menschen für 24 Stunden sehen, die der Linken-Politikerin auf der Plattform Instagram folgen. Dort schrieb König-Preuss: »Mit dieser Plastikkarte für 2,50€ unterstützt ihr keine antifaschistischen Gruppen. Es mag ein Witz sein aber hey, spendet die 2,50€ lieber an coole Initiativen oder trinkt nach der nächsten Demo / Aktion einen Saft oder ein Bier.« Dies sei viel wichtiger, wenn es darum ginge, etwas gegen den Rechtsruck zu machen, als so eine Karte im Portemonnaie zu haben, so König-Preuss weiter.

Ein Sprecher der »HoGeSatzbau«, der nicht mit seinem echten Namen genannt werden möchte, sondern als »Grafikhool« gegenüber »nd« auftritt, ist entrüstet über die Kritik der Linke-Politikerin und sagt: »Ich empfinde diesen Beitrag als wahnsinnig respektlos.« Es sei eine »bodenlose Frechheit«, der »HoGeSatzbau« abzusprechen, eine antifaschistische Initiative zu sein. Man könne die Karte gerne kritisieren, solle aber auch darüber nachdenken, was »die eigenen Dogmen anstellen«, so der »Grafikhool« weiter.

Das »HoGeSatzbau«-Mitglied ist überzeugt, dass Antifaschismus in die Mitte der Gesellschaft gehört. Zu diesem Zweck findet er auch eine Plastikkarte sinnvoll: Für Menschen, die niemals ein Antifa-T-Shirt tragen würden, aber es auch satthätten, sich in Diskussionen rechtfertigen zu müssen, dass sie links wählen und auf Demos gegen die AfD mitliefen. Katharina König-Preuss habe mit ihrem Post eine Kritik befeuert, welche der »HoGeSatzbau« seit Beginn des Kartenverkaufes von linker Seite um die Ohren gefeuert werde. »Wir hätten uns gefreut, wenn Frau König-Preuss erst mal persönlich mit uns das Gespräch gesucht oder uns eine Mail geschickt hätte.« Vielleicht wäre die Sache dann nur halb so warm, wie sie jetzt gekocht werde.

Gegenüber »neues deutschland« wollte sich König-Preuss nicht mehr zu dem Post äußern und verwies auf einen Beitrag, den sie als eine Antwort auf der Facebook-Seite von »HoGeSatzbau« veröffentlicht hat. Dort milderte sie ihre Kritik etwas ab und schrieb: »Antifaschismus in der Mitte der Gesellschaft zu verankern, unterstütze auch ich.« Man könne aber darüber streiten, »ob ›Exit‹ nun ein cooles antifaschistisches Projekt ist, oder nicht.« Des Weiteren würde sie sich freuen, »wenn ein paar mehr Menschen (ob mit oder ohne diese Karte) die verdammt wichtigen, oft kleinen soziokulturellen Initiativen, Bürgerbündnisse, antifaschistischen Gruppen…vor allem hier in Ostdeutschland unterstützen und vielleicht auch mal vorbeikommen.«

Wenngleich die Kritik an der Antifa-Mitgliedskarte nun also eine prominente Fürsprecherin bekommen hat, so fällt sie am Ende doch weniger hart aus, als es zunächst den Eindruck erwecken konnte. Wie heißt es so schön: Bad news are good news. Ohne die Kritik von Katharina König-Preuss hätte zumindest »neues deutschland« keinen Anlass gesehen, über die ANTIFAmily©-Card zu berichten. Zudem gab der »Grafikhool« gegenüber »nd« an, dass die Karte schon jetzt ein Erfolg ist. Zwar gibt es andere Grafikarbeiten der »HoGeSatzbau«, die häufiger nachgefragt würden, aber momentan müssen die »Hooligans gegen Satzbau« ganz schön ackern, um der Bestellflut hinterherzukommen. Genaue Zahlen wollte er gegenüber »nd« aber nicht nennen.

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