Dänen und Friesen in den Bundestag?

Minderheitenpartei in Schleswig-Holstein kandidierte zuletzt im Jahr 1961 auf Bundesebene

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), Partei der dänischen und friesischen Minderheit in Schleswig-Holstein, steht vor einer gravierenden Entscheidung. Die von der Fünf-Prozent-Hürde befreite Partei überlegt, bei der nächsten Bundestagswahl zu kandidieren. Auf Regionalkonferenzen wird aktuell über das Pro und Kontra solch einer Neuausrichtung diskutiert.

Seit 1961 hat der SSW sich nicht mehr an der Bundestagswahl beteiligt, davor nur einmal erfolgreich. Von 1949 bis 1953 hatte es für ein Mandat in Person von Hermann Clausen in Bonn gereicht. In den vergangenen beinahe sechs Jahrzehnten konzentrierte sich der SSW ganz auf die politische Arbeit in Schleswig-Holstein. Doch die Veränderung der politischen Landschaft reizt den SSW, schleswig-holsteinische Interessenpolitik auf Bundesebene zu repräsentieren.

Lars Harms, Wortführer der dreiköpfigen Abgeordnetengruppe im Kieler Landtag, war vor der Bundestagswahl 2017 noch gegen eine bundespolitische Ausrichtung. Sein Argument: Als Einzelkämpfer - für einen zweiten Sitz dürften die Wählerstimmen auf gar keinen Fall reichen - könne man im Bundesparlament nichts ausrichten. Dieser Gedanke scheint aktuell nicht mehr so viel Überzeugungskraft zu haben. Eine bremsende Wirkung kommt eher der Frage nach der Finanzierbarkeit eines dritten Wahlkampfs zu, denn die rund 3300 Parteimitglieder müssen bereits den Kommunal- und Landtagswahlkampf stemmen. Es wäre mit zusätzlich 150 000 Euro zu rechnen.

Der Landesvorsitzende Flemming Meyer ist seit Jahren Befürworter eines Antritts bei der Bundestagswahl. Auf einer Regionalkonferenz in Büdelsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) haben sich 84 Prozent der 50 Anwesenden für eine Kandidatur ausgesprochen. Weitere Regionalkonferenzen am 13. Februar in Schleswig, Flensburg und Husum sollen zeigen, wie die Mitglieder dazu stehen. Auf dem Landesparteitag am 6. Juni soll abgestimmt werden. Denkbar wäre auch ein Beschluss zu einer Mitgliederbefragung.

Die Chance auf ein Mandat im Berliner Bundestag ist nicht einmal so weltfremd. Dazu bedarf es bei der Befreiung von der Fünf-Prozent-Klausel je nach Wahlbeteiligung 50 000 bis 60 000 Stimmen aus ganz Schleswig-Holstein. Bei der Landtagswahl 2012 bekam der SSW 61 000 Stimmen, 2017 waren es rund 49 000.

Und als wolle der SSW bereits seine bundespolitische Weitsicht unter Beweis stellen, hat er zur Landtagssitzung in der nächsten Woche einen über die Landesgrenzen im Norden hinaus bedeutsamen Antrag gestellt: Die CDU-geführte Landesregierung soll sich auf Bundesebene für ein Ende des vereinsrechtlichen Betätigungsverbotes der kurdischen PKK und ihrer Schwesterorganisationen einsetzen. Flemming Meyer begründet den Vorstoß damit, dass das PKK-Verbot ein Hemmnis für die Integration von Kurden hierzulande darstelle. Eines ist dem SSW mit dem Antrag sicher: Es ist mit einer lebendigen Plenaraussprache zu rechnen.

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