Der Anwärter

Was will Friedrich Merz?

  • Stephan Kaufmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Wort »Wirtschaft« wird zumeist in zwei Bedeutungen verwandt: Zum einen bezeichnet es das System von Produktion und Verteilung. Zum anderen sind mit »Vertretern der Wirtschaft« stets nur die Unternehmer gemeint. Aus dieser Gleichsetzung von Unternehmen und Ökonomie speist sich das Weltbild des Friedrich Merz - des Mannes, den viele als kommenden CDU-Chef und Kanzlerkandidaten sehen. Für ihn braucht Deutschlands Wirtschaft vor allem eins: glückliche Unternehmer.

Deswegen hat Merz auch schon einmal den vollständigen Abbau des Kündigungsschutzes gefordert und für niedrigere Hartz-IV-Sätze plädiert. Das macht den 64-jährigen Rechtsanwalt zum Liebling des Mittelstands und der Arbeitgeberverbände. Merz hat für viele Konzerne insbesondere aus dem Finanzsektor gearbeitet. Bis vor Kurzem war er Aufsichtsrat beim Deutschlandableger von Blackrock, dem mit sieben Billionen Dollar größten Vermögensverwalter der Welt. Diesen Job gab er am 5. Februar auf, um »die CDU noch stärker bei ihrer Erneuerung zu unterstützten«.

Als Vizechef des CDU-Wirtschaftsrates fordert Merz unermüdlich Steuersenkungen und rügt gern Deutschlands Standortnachteile, zu denen er auch den Sozialstaat zählt: Die »hohe Abgabenlast bei den Sozialversicherungsbeiträgen und nicht zuletzt die hohen Energiekosten« seien »massive Wachstumsbremsen«. Die müssten gelöst werden, denn, so die Merz-Logik: »Ohne Kapitalrentabilität gibt es keinen Sozialstaat, und ohne Sozialstaat gibt es keine soziale Gerechtigkeit.« Am Kapitalismus gefällt ihm dessen »moralische Überlegenheit«. Die Politik müsse daher »antworten auf ein wachsendes Gefühl der Bevölkerung, dass der Sozialismus eine positive Sache sei, die bislang nur schlecht durchgeführt« worden sei.

Merz wirbt für mehr staatliche Investitionen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, gleichzeitig ist er für die Schuldenbremse und kritisiert die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die deutschen Sparern ihre Erträge raube. Den Klimaschutz will Merz vorantreiben, denn »die Wahrscheinlichkeit größerer Umweltschäden führt zu einer wachsenden Bedrohung von Eigentum«. Allerdings, so Merz, dürfe man beim Klimaschutz nicht vergessen, dass die Industrie 23 Prozent des deutschen Wohlstands liefere. Bei der Senkung von CO2-Emissionen setzt er auf »Technologie« und »marktwirtschaftliche Instrumente« und warnt vor »staatlichen Verboten«. Im Klartext: Klimaschutz darf die Unternehmen nicht belasten.

Der rechtskonservativen Werteunion gefällt Merz. Denn er kombiniert Marktliberalismus mit gesellschaftspolitischen Haltungen, die meist leicht rechts der offiziellen CDU-Linie lagen. Zur Jahrtausendwende popularisierte Merz den Begriff der »deutschen Leitkultur«, in die sich Migranten einpassen müssten. 1997 stimmte er gegen die Bestrafung von Vergewaltigung in der Ehe. Bei anderen Fragen schwankte er: Gegen gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften habe er nichts, so Merz, sie seien aber zu schnell eingeführt worden. Die gleiche Haltung zeigte er bei der Abschaffung der Wehrpflicht. Lange warb er für längere Kernkraftwerkslaufzeiten, später unterstützte er den Atomausstieg.

Konservativer und wirtschaftsliberaler will Merz die CDU machen. Das passt zur FDP, aber auch zur AfD. Eine Zusammenarbeit mit den Rechten schließt Merz zwar kategorisch aus. Allerdings will er vielen »verirrten« Wählern der AfD wieder eine »politische Heimat« in der CDU bieten. Parteipolitisch grenzt er sich also nach rechts ab. Politisch weniger. kau

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