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Frauen als Türsteher

Weibliche Einlasskräfte berichten aus ihrem Arbeitsalltag und diskutieren Diskriminierung in der Clubszene

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 4 Min.

Schon immer habe es Frauen als Türsteherinnen gegeben, erzählt Laura Ewert. Die Autorin und Journalistin hat selbst schon als Türsteherin gearbeitet. Yuti habe zum Beispiel in den 80er Jahren vorm P1 gestanden, Doro habe im Babalu an der Tür gearbeitet, Nilgün im WMF, Jackie A. im Bunker. Trotzdem sei das Bild »des Türstehers« männlich geprägt. Darum organisierten einige Leute aus der Tür-Crew des Berliner Clubs about blank mit Unterstützung des Vereins Helle Panke und der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Veranstaltung »Female Bouncer«.

Türsteherin Alina erzählt dabei von ihrem Berufsalltag. Ihren Familiennamen behält sie aus Sicherheitsbedenken lieber für sich. »Der Job als Türsteherin im about blank beinhaltet alles«, sagt Alina. Im Team teile man sich die Aufgaben an der Tür, wie zum Beispiel die Taschenkontrolle oder den sogenannte Body Check, bei dem Gäste nach nicht erlaubten Gegenständen abgetastet werden. Aber es gehöre ebenso zur Aufgabe, im Club nachzuschauen, wie die Stimmung ist und ob es Probleme gibt. »Wir sind auch Rausschmeißerinnen«, sagt Alina.

Teil des Jobs sei auch, zu entscheiden, wer Einlass erhält und wer nicht. Im Vergleich zu den männlichen Kollegen mache sie teilweise andere Erfahrungen mit Menschen, die abgelehnt werden, berichtet Alina. »Ich glaube, dass mit Frauen an der Tür vielleicht mehr diskutiert wird, dass die Beleidigungen schneller in eine sexualisierte Richtung gehen als bei Typen, und bei Typen die Aufforderung zur Gewalt schneller über die Lippen geht.«

Dass Frauen an der Tür weniger konfrontativ seien, hält Alina für eine Fehleinschätzung. »Es hängt sehr davon ab, welche Frau man da hinstellt, ob es deeskalativ ist oder nicht.« Der Vorteil von möglichst diversen Teams an der Tür sei hingegen, auch die Diversität unter Gästen zu repräsentieren und unterschiedliche Ansprechpartner*innen für Gäste anzubieten.

Mit der Frage, wie sich nicht nur sexistische Diskriminierung, sondern jedwede Diskriminierung in der Clubszene reduzieren lässt, beschäftigt sich Lewamm Ghebremariam vom Vorstand der Clubcommission Berlin. Sie ist in der Kommission zuständig für den Bereich Awareness und Diversity, zu dem der Arbeitskreis »Diskriminierungssensible Türpolitik« gehört. Ghebremariam veranstaltet selbst Partys und arbeitet auch als Türsteherin. Im vergangenen Jahr habe es viele verschiedene Runde Tische und Treffen gegeben, die sich mit diskriminierungssensibler Türpolitik auseinandersetzten, sagt sie. »Daraus entstehen jetzt Strukturen und Rahmenbedingungen, die im besten Fall alle Clubs und Türen irgendwann mittragen.« Es sollen Schulungen für das Personal und die Clubbetreiber*innen angeboten werden. Schon jetzt biete die Kommission Beratungen an und leite Fragen an Expert*innen weiter. Rund 100 Menschen sind ins Zelt des about blank gekommen, um zuzuhören und mitzudiskutieren. Zuvor hat es einen fünfstündigen Workshop gegeben, bei dem interessierte Frauen in die Arbeit als Türsteherin eingeführt wurden, bei dem verschiedene Szenarien durchgesprochen wurden und Grundfähigkeiten der Selbstverteidigung zu erlernen waren.

Türsteherin Alina hatte den Workshop mit zwei Kolleginnen vorbereitet und durchgeführt. Die Nachfrage sei größer gewesen als die 20 zur Verfügung stehenden Plätze. »Mich freut das riesige Interesse«, sagt Alina. »Ich möchte Frauen darin bestärken, solche Arbeit zu machen, sich Raum zu nehmen.« Eine Teilnehmerin habe nach dem Workshop gesagt, sie wolle nun damit anfangen, Kampfsport zu treiben, viele andere wollten als Türsteherin arbeiten. »Das ist eine politische und feministische Perspektive, die über den Laden hier hinausgeht«, meint Alina.

Nora Brandt hatte am Workshop teilgenommen. Sie erzählt, dass sie sehr vieles gelernt habe, über verschiedenen Techniken von verbaler Kommunikation und Gestik, über Griffe zum Rausbegleiten von Gästen bis zu Niederbringungs- und Boxtechniken. »Vor allem die Vielseitigkeit der Arbeit hat mich überrascht«, sagt Brandt, »und was für ein hohes Maß an Kommunikation innerhalb des Teams passiert.« Außerdem habe sie jetzt mehr Einblick, nach welchen Kriterien Gäste in den Club eingelassen werden oder nicht. »Es kommt vor allem darauf an, einen Raum zu schaffen, in dem die Gäste sich auf der Party wohlfühlen«, sagt Brandt.

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