Von der SPD zur FDP

Manager Harald Christ hat eine neue politische Heimat

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Tag, an dem Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu den neuen Vorsitzenden der SPD gewählt wurden, war für Harald Christ einer der schlimmsten in seinem Leben als Sozialdemokrat. Im Dezember beschwerte sich der scheidende Mittelstandsbeauftragte der SPD im »Handelsblatt«, dass seine Partei »noch stärker nach links« drifte. »Sie verliert endgültig die Mitte und große Teile ihrer Stammwählerschaft. Es besteht die Gefahr einer Abspaltung der linken Mitte innerhalb der Partei«, sagte Christ.

Der Inhaber der Berliner Kommunikationsberatung Christ & Company hat die Partei vor einigen Wochen verlassen. Am Dienstag wurde bekannt, dass Christ in die FDP eingetreten ist. Parteichef Christian Lindner erklärte, dass andere eingeladen seien, es Christ nachzutun. Die Freien Demokraten wollen künftig verstärkt um unzufriedene SPD-Mitglieder aus dem neoliberalen Spektrum werben.

Christ hatte einst das SPD-Wirtschaftsforum mitgegründet. Nach eigenen Angaben ist das Forum ein unternehmerischer Berufsverband an der Seite der Sozialdemokratie. »Wir vertreten die Interessen der gesamten Wirtschaft gegenüber der Politik. Und wir vermitteln politische Vorhaben in die Wirtschaft«, heißt es auf der Website des Wirtschaftsforums. Der Verein vertraut auf den Kapitalismus. Größere staatliche Eingriffe gelten als Teufelszeug. Christ hatte im Sommer vergangenen Jahres erklärt, dass das Wirtschaftsforum den von der Linkspartei vorangetriebenen Berliner Mietendeckel der rot-rot-grünen Koalition ablehnt. »Er schreckt Investoren ab und sorgt dafür, dass sich Wohnungsunternehmen aus der Stadt zurückziehen«, behauptete Christ.

Parteiveteranen, die einen großen Anteil an der neoliberalen Politik der Sozialdemokraten haben, werden vom Wirtschaftsforum hofiert. Die sozialdemokratischen Unternehmer wollen am 13. März mit dem SPD-Mitglied und früheren »Wirtschaftsweisen« Bert Rürup über eine Modernisierung der privaten Altersvorsorge diskutieren.

Der Manager und Wirtschaftsforumspräsident Michael Frenzel hat bisher noch nicht erkennen lassen, dass er an einem Wechsel zur FDP interessiert ist. Dagegen hat sich der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und rheinland-pfälzische Arbeits- und Sozialminister Florian Gerster bereits für diesen Schritt entschieden. Er wurde von Lindner zu Jahresbeginn als neues FDP-Mitglied vorgestellt.

Zwar handelt es sich derzeit um Einzelfälle, aber wenn die Erfolglosigkeit der SPD anhält, könnten die Parteiwechsel bei den Sozialdemokraten noch für Unruhe sorgen. Zumal frühere Spitzenpolitiker der Partei öffentlich die neue Spitze attackieren. In seinem neuen Buch »Mehr Mut! Aufbruch in ein neues Jahrzehnt« behauptet der ehemalige Parteichef Sigmar Gabriel, dass es eine »thematisch-strategische Verzwergung der Gesamtpartei auf das Segment des Sozialen« gebe.

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