Neuer Anlauf von Horst Seehofer

Koalitionseinigung über neues Gentechgesetz

Die Große Koalition hat sich auf Änderungen im Gentechnikgesetz geeinigt. Am 8. August soll das Kabinett die Novelle von Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) verabschieden.

Zwiespältig wie immer gab sich Horst Seehofer bei der Vorstellung des neuen Gentechnikgesetzes. Er wolle die großen Bedenken der Verbraucher gegen Gentechnik in Lebensmitteln ernst nehmen, gehe aber nicht von gesundheitlichen Gefahren beim Anbau von Genmais aus, sagte der Minister am Dienstag in Berlin. Das Gentechnikgesetz von 1990 gibt Regeln für den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) vor und soll eine Gefährdung von Mensch und Umwelt verhindern. Unternehmen schreibt es besondere Sorgfalt vor, denn sie haften auch ohne Schuldnachweis für Schäden, wenn kein anderer Verursacher gefunden wird. Die Bundesregierung plant die bereits vierte Novellierung des Gesetzes. Insbesondere Kanzlerin Angela Merkel, deren umstrittener Innovationsberater Heinrich von Pierer eine erleichterte Gentech-Forschung verlangt, drückt aufs Tempo. Einen weiteren Anlass hat Minister Seehofer selbst geschaffen, als er 2006 erstmals für eine gentechnisch veränderte Sorte, den Mais MON810 des Saatgutkonzerns Monsanto, den kommerziellen Anbau erlaubte. Bis heute fehlt eine Verordnung über Pflichten und Schutzregeln, die Landwirte dabei einzuhalten haben. Ursprünglich erfüllten die Pläne des Agrarministeriums fast alle Wünsche der Industrie: Das Standortregister sollte nicht mehr öffentlich zugänglich sein, die Beweispflicht bei Verunreinigungen zu Ungunsten des Geschädigten umgekehrt werden und die Anbauvorschriften für Landwirte sollten möglichst »lasch« sein. Insbesondere nach Gesprächen mit Anti-Gentechnik-Landwirten aus Seehofers bayerischer Heimat wurde der Entwurf etwas abgeschwächt. So fand sich bei der Mindestentfernung zwischen Gentech- und herkömmlichen Feldern als Kompromiss mit der SPD: 300 Meter zu Biolandwirten und 150 Meter zu konventionellen Bauern. Allerdings sollen sich Landwirte auf geringere Abstände einigen können. Beim Standortregister und bei den Haftungsregelungen soll es keine Änderungen geben. Dafür freut sich Ministerin Annette Schavan (CDU) über einen »klaren Fortschritt für die Forschung«. Von Gegnern der Grünen Gentechnik kommt dagegen Kritik. Ohne einheitliche Abstandsregelung werde eine »Zweiklassengesellschaft« bei Landwirten geschaffen, warnt der Präsident des Anbauverbandes Bioland, Thomas Dosch. Problematisch sei auch, dass GVO-»Einträge« in Lebens- und Futtermitteln erst ab einer Schwelle von 0,9 Prozent Schaden-ersatzansprüche auslösen sollen. Auf Kritik stößt auch der offenbar auf Druck der SPD aufgenommene Passus, dass es für die Lebensmittelkennzeichnung »ohne Gentechnik« schon ausreichen soll, dass keine gentechnisch veränderten Futtermittel zum Einsatz kommen. Für Manfred Nüssel, den Präsidenten des Deutschen Raiffeisenverbandes, wäre dies eine »Irreführung des Verbrauchers«. Dann könnten nämlich Lebensmittel als gentechnikfrei ausgewiesen werden, die unter Verwendung von gentechnisch hergestellten Zusätzen...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.