Corona soll Orbán ermächtigen

Stephan Fischer über Ungarns Abschied von der Demokratie

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 1 Min.

In Ausnahmezeiten wie dieser werden fast überall politische Entscheidungswege vereinfacht, wird sich auch über normale Verfahrenswege hinweggesetzt,werden Prinzipien der Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt. Das ist unter zwei Prämissen akzeptabel, wenn auch unter jeder zumindest nicht unproblematisch: der Gefahr von Leib und Leben und der unbedingten zeitlichen und thematischen Beschränkung auf die politisch zu bewältigende Thematik.

In der Praxis ist jedoch die Versuchung zu groß, mit Hilfe des Ausnahmezustandes den Grundzustand des politischen Systems dauerhaft zu verändern. Das zeigt auch das jüngste Gesetzesvorhaben der Orbán-Administration in Ungarn. Die Möglichkeit der Verlängerung des Notstandes auf unbestimmte Zeit, was weitreichendes Regieren per Dekret erlaubt, die Möglichkeit einer »erzwungenen parlamentarischen Pause« - all das klingt nicht nur nach Selbstentmachtung des Parlaments. Wo eine Seite entmachtet wird, wird die andere ermächtigt.

Tritt das Gesetz in dieser Form in Kraft, muss die EU aufschreien - oder für immer schweigen. Eine derartig uneingeschränkte und unkontrollierte Machtfülle - Orbán demontiert demokratische Mechanismen seit Jahren - hat mit europäischen Werten und Ideen nichts mehr zu tun.

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