DGB warnt vor Lohndumping

Vorstoß zur Freizügigkeit von EU-Arbeitnehmern stößt auf Kritik von links

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat vor einem »Lohndumping ungeahnten Ausmaßes« bei einer vorzeitigen Öffnung des Arbeitsmarktes für Menschen aus Osteuropa gewarnt. Auch die Linke ist gegen den Vorstoß aus dem Bundesarbeitsministerium. Der Deutsche Industrie und Handelskammertag begrüßte dagegen die Idee.
Das DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hat sich gegenüber der »Neuen Osnabrücker Zeitung« gegen eine vorzeitige Öffnung des Arbeitsmarktes für Osteuropäer ausgesprochen. Die Beschränkungen der Freizügigkeit gälten mit Bedacht bis mindestens 2009 und dürften erst dann gelockert werden, »wenn der Arbeitsmarkt in Deutschland vollständig vor Lohndumping geschützt ist«. Buntenbach forderte die schwarz-rote Bundesregierung in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« auf, das Arbeitnehmerentsendegesetz so schnell wie möglich auf alle Branchen auszuweiten. »Dann gelten endlich auch für ausländische Arbeitskräfte die gleichen Bedingungen.« Sollte es bis 2009 noch immer keine umfassende Lösung bei Mindestlöhnen geben, solle die Bundesregierung die Beschränkung für osteuropäische Fachkräfte verlängern. Deutschland hatte mit dem EU-Beitritt Polens und anderer Staaten 2004 die Arbeitnehmerfreizügigkeit zunächst für zwei Jahre und im vergangenen Jahr noch einmal für weitere drei Jahre eingeschränkt. Im Mai 2009 könnte die Bundesregierung diese Einschränkungen noch ein weiteres Mal für zwei Jahre bis 2011 verlängern. Derzeit wird geprüft, ob nicht doch eine frühere Öffnung des Arbeitsmarkts in Frage kommt. Auch die Linkspartei hat sich gegen den Vorstoß zur vorzeitigen Öffnung ausgesprochen. Der stellvertretende Linksfraktionschef Werner Dreibus sagte, es sei »ein Witz«, angesichts von 3,7 Millionen Erwerbslosen und weiteren 3,5 Millionen Niedriglöhnern eine frühere Öffnung des Arbeitsmarktes in Betracht zu ziehen. Eine Öffnung vor 2009 wäre völlig verfrüht, meinte Dreibus, der zugleich gewerkschaftspolitischer Sprecher der Fraktion ist. Die bisherigen Beschränkungen sollten Billiglohn-Konkurrenz verhindern. »Bevor es keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn gibt, zumindest aber das Entsendegesetz auf alle Branchen ausgeweitet wird, muss die Beschränkung des Arbeitsmarktes verlängert werden«, so Dreibus. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, begrüßte dagegen eine vorzeitige Öffnung. »Deutschland muss sich verdammt noch mal vorbereiten darauf, dass wir weniger werden«, sagte Wansleben mit Blick auf demografische Trends. Das entscheidende Problem sei außerdem der Mangel an Fachkräften, weshalb das Mindestlohn-Argument der Kritiker einer vorzeitigen Öffnung ins Leere laufe, so der DIHK-Mann. Dreibus wies dagegen darauf hin, dass es die Unternehmen selbst gewesen seien, die den derzeitigen Facharbeitermangel verschuldet hätten. Die Wirtschaft habe »die Aus- und Weiterbildung ihrer Beschäftigten verschlafen«, so Dreibus, dies dürfe die Bundesregierung nun nicht »auch noch belohnen«.
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