Mit Grazie und Anmut zur Sportschau

Acht befreundete Berlinerinnen erinnern sich an das Fest vor 30 Jahren

  • Barbara Staacke
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Beim VI. Deutschen Turn- und Sportfest vom 25. bis 31. Juli 1977 lieferten rund 2000 Frauen im ausverkauften Zentralstadion Leipzigs eine beeindruckende Gymnastikshow als Teil der Sportschau. Beteiligt hatten sich Frauen und Mädchen aus allen Bezirken, die mit Tüchern, Bällen und Bändern bunte Bilder zauberten. Dafür hatten sie ein Jahr lang trainiert. Weil die Auswahl begrenzt war, wurden nur die Besten genommen. Dazu gehörten acht Berlinerinnen, die sich seither jedes Jahr treffen, die Kostüme aus der Versenkung holen und in Erinnerungen schwelgen. Mittlerweile hat ihre Freundschaft schon 30 Jahre Bestand. Das Jubiläum feierten sie in trauter Runde und ließen das sportliche Ereignis noch einmal Revue passieren. »Es war eine Stimmung wie bei der Fußball-WM. Bei unserem Einmarsch ins Stadion schwenkten 100 000 Zuschauer begeistert ihre bunten Tücher und der Beifall toste«, schildert Helga Herrmann, die mit über 30 damals zu den Älteren gehörte, ihre Eindrücke. Als Mitglied einer Sportgruppe wurde sie von einer Jury des DTSB für die Gymnastikshow ausgewählt. »Dabei kam es auf Schönheit, Anmut und Haltung an. Natürlich wollten wir zeigen, dass wir mit den jungen Mädchen mithalten können«, erinnert sich die gelernte Fürsorgerin. Nach Schichtende im Krankenhaus trainierte sie mit über hundert Frauen in der Turnhalle in der ehemaligen 33. Oberschule, Frankfurter Allee Süd, während ihr Ehemann die Kinder hütete. Jede Bewegung der zwölfminütigen Kür musste sitzen. Schließlich sollte das Fest Harmonie, Schönheit und Lebensfreude demonstrieren. »Eiserne Disziplin war geboten, und wer sich nicht daran hielt, musste gehen«, erzählt sie. Manche Sportsfreundin mühte sich vergebens. Von anfänglich über 300 Berlinerinnen schafften nur 100 den Sprung ins Finale. Dazu gehörte Helga Schlittermann, die mit 42 noch so manch Jüngerer den Rang ablief. Geprobt wurde nach Stoppuhr und Tonbandmusik, von Kunstpreisträger Guido Masanetz komponiert, der zum so genannten Gestalterkollektiv um Choreografin Edith Seitz gehörte. »Den letzten Schliff holten wir uns in einem dreiwöchigen Trainingslager und wurden dafür von den Betrieben freigestellt«, sagt Christa Bittermann, die in der Volkshochschule Lichtenberg arbeitete. Da die Kollegen die Arbeit übernehmen mussten, seien nicht alle davon begeistert gewesen. Wie die Musik war auch die Bekleidung für den großen Auftritt vorgegeben. Die Kombination, bestehend aus einem Gymnastikdress, kurzen Röckchen und Hut - alles in Türkis -, war von einem Modeinstitut entworfen worden. »Sogar einen Anzug mit Schlaghosen zum Ausgehen bekamen wir«, erzählt die Ingenieurin Brigitte Wogeck (63), die heute noch darin eine tadellose Figur abgibt. Zur Ausrüstung gehörte eine Holzkiste, die viele Funktionen erfüllte. Sie diente als Requisit. Man konnte darauf sitzen, stehen und sie nach Belieben schwenken. Außerdem enthielt der Würfel die unentbehrlichen Utensilien Ball, Tuch und Band. »Die Atmosphäre war faszinierend«, schwärmen die Damen, die mittlerweile zwar in die Jahre gekommen sind, sich aber nach wie vor dem Sport verpflichtet fühlen. So legt Christa Bittermann mit ihren 71 Lenzen immer noch einen schwungvollen Flamenco aufs Parkett. Helga Schlittermann (72) steppt und joggt kilometerweit, und Helgard Schulz hält sich mit Bauchtan...

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