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Studienkredit vom Ministerium

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek will aufgrund der Coronakrise Darlehen für Studierende auf den Weg bringen

  • Moritz Aschemeyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Studierende, die keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) erhalten, sollen nun Zugang zu anderen Formen zinsloser Kredite bekommen. So sieht es ein Vorschlag von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) vor, der diesen Freitag in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) zwischen Bund und Ländern telefonisch abgestimmt werden soll. Ziel sei es, dass niemand sein Studium aufgrund finanzieller Engpässe aufgeben müsse. Die Unterstützung solle »unbürokratisch, schnell und wirksam« erfolgen, hieß es. Hilfen für Bafög-Empfänger hatte die Regierung bereits zugestimmt. So wird das Bafög während des pandemiebedingten Lehrausfalls weiter gezahlt. Zudem ist es möglich, in systemrelevanten Branchen anrechnungsfrei Geld dazuzuverdienen. Allerdings erhalten nur knapp zwölf Prozent der etwa 2,9 Millionen Studierenden in Deutschland derzeit Bafög-Zahlungen. Für viele besteht kein Anspruch, andere fürchten, sich zu verschulden. Im vergangenen Jahr wurden 920 Millionen Euro aus Bafög-Mitteln nicht abgerufen.

Laut dem Deutschen Studentenwerk gehen über zwei Drittel der Studierenden in Deutschland auch während der Vorlesungszeit arbeiten. Davon gaben 59 Prozent an, für die Sicherung des Lebensunterhalts auf die Einnahmen angewiesen zu sein. Diese sind nun vielerorts weggebrochen, da Studierende oft Minijobs nachgehen, in denen kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht. Bei internationalen Studierenden ist der Anteil der Arbeitenden noch höher. Nicht-EU-Ausländer sind zudem durch Unklarheiten bezüglich der Aufenthaltserlaubnis und in Baden-Württemberg durch Studiengebühren von 1500 Euro pro Semester zusätzlich belastet.

Die Bildungsgewerkschaft GEW steht dem Modell des Bildungsministeriums (BMBF) kritisch gegenüber. Es sei falsch, Studierenden »lediglich einen Kredit anzubieten und sie so zu zwingen, weitere Schuldenberge anzuhäufen. Wie bei der Soforthilfe für Selbstständige und Unternehmen, sollte auch eine Soforthilfe für Studierende unbürokratisch und als Zuschuss erfolgen«, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung. Die Auszahlung von Zuschüssen statt Krediten würde den Verwaltungsaufwand senken. Zudem sei es leichter, dafür Träger zu finden, so Keller weiter. Das Studentenwerk sieht sich nicht zur Umsetzung der Pläne des BMBF imstande.

Auf Länderebene bestehen bereits bei den Studierendenwerken angesiedelte Nothilfefonds, etwa in Berlin. Dieser ist allerdings nach 1300 Anträgen bereits mehr als überlastet. Andere Studierendenwerke bieten zinsfreie Darlehen für Studierende an.

Der Studierendendachverband fzs fordert eine bundesweite Lösung. Zwar sei es begrüßenswert, dass das BMBF jetzt Handlungsbedarf sehe. Dass Studierende teilweise am Existenzminimum lebten, sei jedoch lange verdrängt worden, sagte Leonie Ackermann aus dem fzs-Vorstand. »Mit der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden Jobverlust ist dieses Minimum für manche schon seit über einem Monat unterschritten« so Ackermann weiter. Nur ein Bruchteil der Studierendenschaft könne sich durch neue Jobmöglichkeiten über Wasser halten. Eine vom fzs und anderen Studierendenvertretern getragene Petition fordert Soforthilfen von 3000 Euro bei nachträglicher Bedürftigkeitsprüfung. Dafür wurden über 50 000 Unterschriften gesammelt.

Auch Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, plädierte für Soforthilfen. Ministerin Karlizcek nehme in der Krise nicht die Perspektive der Studierenden ein, so Gohlke. Es sei bezeichnend, dass die Vorschläge sich fast darin erschöpften, Studierende in die Landwirtschaft zu bekommen. Neben kurzfristigen Nothilfen müsse es mittelfristig einen erweiterten Anspruch auf Leistungen nach dem Bafög geben. Diese müssten zudem auf ein existenzsicherndes Niveau erhöht werden.

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