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Weltweit erster Prozess wegen Folter in Syrien beginnt in Koblenz

Grünen-Chefin Baerbock: Wichtiges Signal / Amnesty: »Meilenstein im Kampf gegen die Straflosigkeit von schwersten Menschenrechtsverletzungen«

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hat den am Donnerstag in Koblenz beginnenden weltweit ersten Strafprozess wegen Staatsfolter in Syrien begrüßt. »Dass ein Mensch, der für tausendfache Folter verantwortlich sein soll, hier in Deutschland vor Gericht kommt, ist ein wichtiges Signal an die internationale Gemeinschaft und an die Opfer«, sagte Baerbock der Nachrichtenagentur AFP. Systematische Folter und Hinrichtungen seien schrecklicher Alltag in syrischen Gefängnissen.

Während Opfer und Angehörige mit den traumatisierenden Erinnerungen für immer leben müssten, kämen viele Täter ungestraft davon. »Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass sich die Täter in einem Prozess vor Gericht stellen und verantworten müssen«, sagte Baerbock der AFP. Nur wenn Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgearbeitet würden, werde es eine Demokratisierung des Landes geben.

Vor dem Oberlandesgericht Koblenz beginnt am Donnerstagvormittag der Prozess gegen zwei ehemalige mutmaßliche syrische Geheimdienstmitarbeiter. Die Anklage wirft dem Hauptverdächtigen Anwar R. unter anderem 58-fachen Mord vor, der zweite Angeklagte, Eyad A., muss sich wegen Beihilfe verantworten. Bis Mitte August sind 24 Verhandlungstage angesetzt.

R. war nach Überzeugung der Anklage der militärische Vorgesetzte des berüchtigten Al-Khatib-Gefängnisses in Damaskus. Unter seiner Befehlsgewalt sollen zwischen April 2011 und September 2012 mindestens 4000 Häftlinge während ihrer Inhaftierung mit Schlägen, Tritten und Elektroschocks gefoltert worden sein. Mindestens 58 Menschen sollen durch die Misshandlungen ums Leben gekommen sein.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe, hofft, »dass die in dem Prozess gewonnenen Erkenntnisse auch in weiteren Strafverfahren gegen das Assad-Regime nützen - auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof«. »Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht ungesühnt bleiben«, erklärte er. Ziel müsse es sein, »irgendwann auch die Spitze des Assad-Regimes zur Rechenschaft« zu ziehen.

Für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte Abteilungsleiterin Julia Duchrow, das »historische Verfahren« sei »ein Meilenstein im Kampf gegen die Straflosigkeit von schwersten Menschenrechtsverletzungen in Syrien«. Andere Staaten seien dringend aufgerufen, »den in Deutschland unternommenen Schritten zu folgen und weitere Verfahren gegen Personen einzuleiten, denen Verbrechen gegen das Völkerrecht vorgeworfen werden«. AFP/nd

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