Afrika wird angesteckt

Viele Staaten des Kontinents sind durch Covid-19 finanziell überfordert.

Die Corona-Pandemie wird auch die Ökonomien Afrikas hart treffen. Ausschlaggebend dafür ist weniger die Schließung von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen zur Bekämpfung des Virus. Desaströs für die wirtschaftliche Lage wirken vor allem der Rückgang der Nachfrage in Europa, das Ausbleiben der Touristen und der Absturz der Rohstoffpreise im Zuge der globalen Rezession. Aus all dem resultiert laut Internationalem Währungsfonds (IWF) eine »nie dagewesene Bedrohung für die Entwicklung in Afrika«.

2019 war die Wirtschaftsleistung der Region Subsahara-Afrika noch rund drei Prozent gewachsen. Noch vor Kurzem erwartete der IWF für dieses Jahr ein Plus von knapp vier Prozent. Doch nun wird es laut Prognose einen Rückgang von 1,6 Prozent geben - der schlechteste je gemessene Wert. Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums werde die Wirtschaftsleistung pro Kopf sogar im Durchschnitt um fast vier Prozent sinken. Noch geht der Fonds zwar davon aus, dass es im nächsten Jahr zu einem Aufschwung kommt. Doch das ist ungewiss.

Die erwartete Rezession hat die Rohstoffnotierungen an den Weltbörsen einbrechen lassen, insbesondere den Ölpreis. Das trifft Länder wie Nigeria, dessen Staatshaushalt sich zu fast 90 Prozent aus Einnahmen aus dem Ölverkauf speist. Einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,8 Prozent prognostiziert der IWF für den Rohstoffexporteur Südafrika - ein Land, in dem die Arbeitslosenquote zuletzt bei 30 Prozent lag.

Einbrüche von mehr als fünf Prozent erwartet der Fonds auch in Burkina Faso, Burundi, Äquatorialguinea und Lesotho. Noch schlimmer sind jene Länder betroffen, die vom Tourismus abhängen. So dürfte die Wirtschaftsleistung von Mauritius um sieben Prozent fallen, die der Seychellen um elf Prozent. Ein Sonderfall ist wegen des Bürgerkriegs Libyen, wo der Fonds sogar eine Halbierung des BIP prognostiziert. Die Datenlage sei aber wegen der Unruhen äußerst schlecht. Dagegen wirkt der Fall Mali mit einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent noch stabil. Aufgrund der Armut im Lande aber braucht Mali dringend höhere Wachstumsraten.

Dazu kommt, dass viele afrikanische Staaten hoch verschuldet sind und vom Zufluss ausländischen Kapitals abhängen. »Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass die Covid-19-Pandemie enormes menschliches Leid verursachen und einige der jüngsten Fortschritte zunichte machen wird«, warnte Abebe Aemro Selassie, Direktor der Afrika-Abteilung des IWF. Der Rückgang des Wirtschaftswachstums verschärfe bestehende Probleme, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie würden »unvermeidlich den Lebensunterhalt zahlloser Menschen gefährden«.

In Afrika trifft das Coronavirus vielfach auf schwache Gesundheitssysteme, die gleichzeitig einen kontinuierlichen Kampf gegen Lassa-Fieber, Gelbfieber, Malaria und HIV-Aids führen müssen. Daher »kommt es jetzt vor allem darauf an, alles zu tun, um die öffentlichen Gesundheitsausgaben zu erhöhen«, sagte Selassie. Der IWF schätzt die notwendigen Mehrausgaben auf 114 Milliarden Dollar allein für 2020. Allerdings hätten die betroffenen Staaten wenig finanziellen Spielraum. IWF-Chefin Kristalina Georgieva appellierte daher an die wohlhabenderen Staaten, Unterstützung zu leisten, inklusive Schuldenerlass. Bislang haben sich die G20-Staaten allerdings nur bereiterklärt, 39 afrikanischen Staaten den Schuldendienst für 2020 zu stunden.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal