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Schwierige Zeiten für Konzernkritik

Eingeschränkte Rechte bei Online-Hauptversammlung

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Hauptversammlung des Bayer-Konzerns war lange vor der Coronakrise auf den 28. April in Bonn terminiert. Das Datum bleibt, doch nun wird das Aktionärstreffen am Dienstag erstmals online durchgeführt. Eine Verschiebung hätte bedeutet, dass »die Aktionäre monatelang darauf hätten warten müssen, ihr Frage- und Stimmrecht auszuüben«, erklärte Vorstandschef Werner Baumann. Er versicherte, dass die vorgeschlagene Dividende von 2,80 Euro je Aktie pünktlich und in voller Höhe ausgezahlt werde.

Management muss nicht mehr alle Fragen beantworten

Marius Stelzmann von der konzernkritischen Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) lehnt das Vorgehen ab. Im Pandemie-Notstandsgesetz hatte die Regierung die Grundlage für die virtuelle Hauptversammlung geschaffen. Damit würden die Rechte von Kleinaktionär*innen zugunsten von Großinvestor*innen ausgehebelt, moniert Stelzmann gegenüber »nd«. Laut der Formulierungshilfe für das Gesetz muss das Management »keinesfalls alle Fragen beantworten«. Es kann »Aktionärsvereinigungen und institutionelle Investoren mit bedeutenden Stimmanteilen bevorzugen«.

Von den Einschränkungen sind die Kritischen Aktionär*innen besonders betroffen, die seit vielen Jahren die Hauptversammlungen für kritische Fragen über die Konzernpolitik genutzt haben. Stelzmann weist darauf hin, dass in dem Gesetz auch Fristen zur Anmeldung, Abstimmung, Stimmrechtsübertragung, Antragstellung und Fragestellung nochmals verkürzt worden seien. Die CBG hatte eine Verschiebung der Hauptversammlung gefordert und sich noch Anfang April in einem offenen Brief gegen die Flucht ins Digitale ausgesprochen. »Derart antidemokratische Regelungen dürfen keinesfalls Grundlage einer Hauptversammlung sein, weder heute noch in Zukunft«, betont Stelzmann.

Umfangreicher Onlineprotest gegen Bayer

Dennoch haben die Konzernkritiker*innen auch für die digitale Hauptversammlung am Dienstag unter dem Motto »Gemein gegen Bayer-Verbrechen« ein ambitioniertes Protestprogramm vorbereitet. So wurde eine Corona-sichere Kundgebung vor der Zentrale in Leverkusen angemeldet. Ein von der Initiative organisierter Proteststream soll um 9 Uhr beginnen und sich über den gesamten Tag erstrecken. Neben Beiträgen von durch Glyphosat- und Duogynon geschädigten Menschen sowie von Politikern wie der Linke-Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch und der Grünen-Europaabgeordneten Sarah Wiener soll es Kulturbeiträge unter anderem von Konstantin Wecker geben. Kritisiert wird auch, dass der Pharmariese sich vor Jahren aus dem wenig profitablen Geschäftsbereich der Atemwegs- und Infektionskrankheiten zurückgezogen hat.

Neben der CGB sehen sich auch andere Konzernkritiker*innen durch die digitalen Hauptversammlungen in ihren Rechten beschnitten. So planten Rüstungsgegner für die Jahreshauptversammlung von Rheinmetall am 19. Mai, die ursprünglich in Berlin stattfinden sollte, zahlreiche Protestaktionen. Nicht nur der Protest auf der Hauptversammlung, sondern auch das Fragerecht wie die Auskunftspflicht des Vorstandes würden deutlich eingeschränkt, kritisiert Daniel Seiffert vom Bündnis »Rheinmetall entwaffnen«. »Das sind alles Maßnahmen, die Kritik verhindern und erschweren und es der Zivilgesellschaft schwermachen«.

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